Torneschs Bürgermeister Roland Krügel tritt noch einmal an, um eine große Aufgabe zu bewältigen

Pinneberger Zeitung:

Ist Ihnen die Entscheidung, 2013 wieder zur Wahl anzutreten leicht gefallen?

Roland Krügel:

Eigentlich ja. Ursprünglich wollte ich aufhören, aber da die Fusion jetzt offensichtlich beim dritten Versuch in greifbare Nähe rückt, würde ich diese Aufgabe gerne zu Ende führen. Kürzlich hatte die Politik überlegt, ob es nicht einfacher wäre, meine Amtszeit für eine Übergangsphase von anderthalb Jahre, einfach zu verlängern. Das ist rechtlich nicht möglich gewesen. Also, habe ich gesagt, einmal kandidiere ich noch.

Mit der Fusion könnte ein Bürgermeisteramt wegfallen. Würde Ihnen eine verkürzte Amtszeit etwas ausmachen?

Krügel:

Nein, überhaupt nicht. Ich bin seit vielen Jahren dabei und würde gern noch einige Aufgaben erledigen. Wenn es mir gelingen würde, die Fusion unumkehrbar auf den Weg zu bringen, wäre das schon eine tolle Leistung. Ansonsten haben wir einige große Bauprojekte angefangen, wie etwa Tornesch am See und die Sportplatzverlagerung an den Großen Moorweg. Daneben haben wir noch einige große Betriebserweiterungen vor uns. Die würde ich noch gerne begleiten. Auch den Bau der beiden Feuerwachen möchte ich noch abschließen.

Wie weit sind die Planungen?

Krügel:

Ich gehe davon aus, dass die Erweiterungen der Feuerwehren im Herbst beginnen und dass wir für das erste Baugebiet in Tornesch Am See spätestens Weihnachten den 1. Spatenstich machen.

Gibt es Probleme?

Krügel:

Ich hoffe nicht. Es ist nur wahnsinnig viel Arbeit, die erledigt werden muss. Wir haben insbesondere die verkehrlichen Anbindungen im Blick. Wir wollen die Anlieger so wenig wie möglich belasten.

Reizthema K 22: Im Pöyry-Gutachten heißt es, der Verkehr in der Ahrenloher Straße würde lediglich um fünf Prozent abnehmen. Wie sinnvoll ist die K 22?

Krügel:

Das ist schlicht eine falsche Behauptung. Das WVK-Gutachten sagt aus, dass der Straßenverkehr auf der K22 nach Fertigstellung um fast 50 Prozent zunehmen wird. Für mich ist jedes Fahrzeug, das aus dem Ort herauskommt, eine Entlastung für diejenigen, die hier wohnen. Die K22 war immer sinnvoll und ist aus meiner Sicht immer wichtiger geworden. Es kann doch nicht sein, dass wir einen Rückstau in der Hauptverkehrszeit bis über den Kreisel hinaus haben oder in der anderen Richtung bis zum Rathaus. Das senkt die Lebensqualität derer, die in der Ortsmitte wohnen ungemein. Die Fahrtzeit zur Autobahn wird immer länger. Der Ausbau des Wischmöhlenweges ist mehr als überfällig und die Untertunnelung der Eisenbahn eigentlich nur die logische Konsequenz. Außerdem ist die ewige Flickschusterei finanzpolitisch gar nicht zu verantworten. Es wird dort schlichtweg Geld verbrannt. Eine Straße, die den Namen "Wischmöhlenweg" zu Recht trägt, kann man nicht flicken, sie muss im Prinzip neu gebaut werden. Dass das Land jetzt beabsichtigt, die Planfeststellung für die K22 zu verschieben, ist hoffentlich eine "Sommerloch-Geschichte". Es kann auch nicht sein, dass wir hier vor Ort das organisatorische Chaos, das die A20 offensichtlich verursacht, ausbaden müssen.

Ihre Kollegin Andrea Hansen plädiert für einen "K-22-Gipfel" mit Fachdienst Straßenbau, Landrat, Verkehrsminister, Ihnen. Sollte die Interessengemeinschaft Lindenweg mit am Tisch sein?

Krügel:

Nein, ein K22-Gipfel ist nicht notwendig und die Teilnahme der IG Lindenweg schon gar nicht. Die Angelegenheit ist grundsätzlich geregelt in einem dreiseitigen Vertrag zwischen dem Kreis Pinneberg, der Stadt Uetersen und der Stadt Tornesch, in dem sich der Kreis verpflichtet, die Kreisstraße auf der bestehenden Trasse zu bauen. Alle haben sich gegenseitig verpflichtet, sich bei dieser Maßnahme zu unterstützen. Und dieser Vertrag ist nicht kündbar. Der Trassenverlauf ist im gemeinsamen Flächennutzungsplan rechtsverbindlich festgeschrieben. Und das Verkehrsaufkommen im Lindenweg ist bezogen auf die Verkehrsbelastung der Ahrenloher Straße "überschaubar". Es ist zwar richtig, dass im Lindenweg bis zu 4000 Fahrzeuge pro Tag gezählt werden, allerdings nur im Einmündungsbereich bis zum Rewe-Parkplatz. Danach halbiert sich das Verkehrsaufkommen.

Der Lindenweg grenzt auch an das neue Wohngebiet Am See? Gibt es dort auch Interessenkonflikte?

Krügel:

Aus meiner Sicht nicht. Früher war es vorgesehen, dass Gewerbegebiet noch zu erweitern. Teile davon sind jetzt in Wohnbaufläche umgewandelt worden. Eine Anbindung soll über die neue große Kreuzung bei Penny/Lidl/Budnikowsky erfolgen. Der weitere Verkehrsabfluss soll dann über den Lindenweg durchs Gewerbegebiet beziehungsweise den neu gebauten Schäferweg erfolgen, sodass die Anwohner des Lindenweges möglichst wenig belastet werden. Aber es wird selbstverständlich zu mehr Fahrzeugverkehr kommen. Allein schon durch das Wachstum der Firmen Hellermann Tyton und Hawesko, wird es mehr Autos geben, solange die K22 nicht da ist, denn irgendwie müssen die Mitarbeiter ja zu ihren Arbeitsplätzen kommen. Ich hoffe da auf das Verständnis aller Beteiligten.

Warum sollen die Tornescher Sie wählen?

Krügel:

Weil sie dann wissen, was sie haben. Ich glaube so schlecht ist die Bilanz meiner 25-jährigen Amtszeit nicht!

Wünschen Sie sich einen Gegenkandidaten?

Krügel:

Muss nicht sein.

Wie wäre es mit Johanna Skalski (FDP)?

Krügel:

Ich werde mir niemanden als Gegner oder Gegnerin wünschen (lacht). Das kann ich auch nicht. Es muss ja jeder für sich selber überlegen, ob er oder sie antritt.

Die Fusion Tornesch/Uetersen ist ein zentrales Thema. Welche Vorteile sehen Sie in einer Zusammenlegung?

Krügel:

Die Fusion wird in der Region schon lange diskutiert. Es hat bisher zwei Anläufe gegeben. Beim dritten Mal wird es hoffentlich klappen. Es gibt im Kreis Pinneberg drei "Kraftzentren": Pinneberg, Elmshorn und Wedel. Wir liegen mittendrin. Wir wären die viertgrößte Stadt im Kreis Pinneberg. Wenn wir uns zusammenschließen würden, würden wir ganz anders gesehen. Bei einer Fusion könnten wir in unserer Region ganz andere Betriebe ansiedeln. Wir sind allein viel zu klein. Zurzeit darf Tornesch ja nicht mal einen SB-Markt anbieten, der größer ist als 2500 Quadratmeter ist. Den Marktkauf in Prisdorf beispielsweise hätte Tornesch nie genehmigt bekommen. Das Gartenzentrum Neumann darf nicht einmal Rasenmäher verkaufen! So eng sind die Vorgaben.

Was bedeutet eine Fusion für die neue Stadt?

Krügel:

Tornesch-Uetersen hätte eine ganz andere Bedeutung in Schleswig-Holstein. Wir wären etwa die zehntgrößte Stadt! Sicherlich wundern Sie sich, dass in Pinneberg, das kein Geld hat, immer noch Investitionen getätigt werden. Grund hierfür sind Landesprogramme, die erst an Kommunen ab einer gewissen Größe und Bedeutung ausgeschüttet werden. Die Diskussion über die Einstufung als Mittelzentrum ist für mich überhaupt noch nicht beendet. Die Landesplanung sagt ja selbst, dass wir die Grundvoraussetzung gemeinsam mit Uetersen für ein Mittelzentrum erfüllen. Da die entsprechende Aufstufung mit 300 000 Euro Mehreinnahmen gegenüber heute verbunden wäre, verzichten wir natürlich nicht darauf. Und da dies eine politische Entscheidung ist, die das Land kein Geld kostet, sondern die kommunalen Mittel nur zwischen den Beteiligten etwas anders aufgeteilt würden, bin ich immer noch guten Mutes, dass wir eine entsprechende Entscheidung als Hochzeitsgabe bekommen würden. Da muss man nur hart genug verhandeln. Außerdem sind wir als Verwaltung zu klein, um fachlich überleben zu können. Ich habe alle Bereiche besetzt. Aber immer nur mit einem Mitarbeiter oder einer Mitarbeiterin. Wenn jemand ausfällt oder etwas länger in Urlaub geht, haben wir schon Probleme. Deshalb brauchen wir künftig größere Einheiten, die wirtschaftlich geführt werden können. Der demografische Wandel wird auch uns treffen. Wenn wir uns allerdings gut aufstellen, können wir davon profitieren. Es ist wichtig, dass wir junge Leute in unsere Region bekommen oder halten und so dafür sorgen, dass die Nachfrage nach Grundstücken und Häusern und Kindergartenplätzen sowie Schulen bestehen bleibt. Und auf der anderen Seite brauchen wir eine Infrastruktur, die es unseren Senioren ermöglicht auf Dauer hier wohnen zu bleiben.

Würden auch Kosten gesenkt werden durch Personalabbau?

Krügel:

Natürlich würde man auch Kosten senken. Aber das würde ich gar nicht so sehr in den Vordergrund rücken. Klar, es gäbe eine Ratsversammlung, einen Bürgermeister, ein Sekretariat und eine Büroleitung weniger. Dafür gibt es zusätzlich Kosten, weil man zusätzliche Aufgaben wahrnehmen würde, wie etwa die Bauaufsicht und die Straßenverkehrsangelegenheiten. Die Aufgaben müssen neu organisiert werden. Aber unterm Strich wird es trotzdem noch Einsparungen geben.

Und Nachteile?

Krügel:

Ich sehe überhaupt keine Nachteile. In unserer Partnerstadt Jammerbugt hat es auch eine Gebietsreform gegeben, da die alten Strukturen zu teuer wurden. Ich habe nachgefragt, es ist niemand dabei gestorben!

Also ist es reine Gefühlssache, gegen eine Fusion zu sein?

Krügel:

Ich behaupte ja. Ich wünsche mir, das wir gemeinsam mit Uetersen eine Untersuchung in Auftrag geben, in der feststellt wird, wie eine gemeinsame Stadt aussehen könnte, welche Bedeutung sie hätte als vierte "große" Stadt in der Region und welche Chancen sie hätte. Natürlich muss man auch Risiken untersuchen. Aber die Zusammenarbeit mit Uetersen funktioniert bereits super gut. Der Schulverband läuft gut. Das gemeinsame Standesamt auch. Wir haben die gemeinsame Volkshochschule neu organisiert. Aber wir haben drei (vier) Schulträger vor Ort, nämlich die Städte Tornesch und Uetersen für die Grundschulen und die Regionalschule, der Schulverband Tornesch-Uetersen für die KGS und die Stadt Uetersen für die ungeklärte Situation des LMG. Ein finanzieller und verwaltungstechnischer Aufwand, den es nicht geben müsste, wenn beiden Städte fusionierten! Norderstedt ist für mich das klassische Beispiel, wie es geht. Diese Stadt wäre wirtschaftlich nie so weit gekommen, wenn es vier Kommunen geblieben wären. Die hätten kein Wir-Gefühl und keine neue Mitte bekommen. Einer hätte dem anderen die Gewerbegebiete nicht gegönnt, man hätte nicht die finanzielle Kraft gehabt, voran zu kommen. Norderstedt war für Karl Gustav Tewes und mich das Vorbild, auch vom Namen her. Da ist etwas Neues entstanden. Das könnte man auf der Westseite von Hamburg wiederholen, haben wir gedacht. Daher auch die Idee "Westerstedt" aus Uetersen und Tornesch. Und wenn sie wollen, könnten auch Heidgraben und Moorrege mitmachen.

Sie wären für den Namen Westerstedt?

Krügel:

Ich werde den Teufel tun und diesen Namen wieder vorschlagen. Es geht um das Konstrukt als solches. Der Name könnte in einem Wettbewerb durch die Bürger ermittelt werden. Möglichkeiten wären Uetersen-Tornesch, Tornesch-Uetersen oder Stadt Pinnau. Mein Favorit wäre natürlich Tornesch-Uetersen. Allein schon wegen des Schulverbandes, des Bahnhofes und der Autobahn-Anschlussstelle!

Wenn man die Arbeit des Sonderausschusses Fusion sieht, gewinnt man den Eindruck, bis zu einer möglichen Fusion ist es ein weiter Weg. Wie könnte man die Arbeit vorantreiben?

Krügel:

Ganz einfach. Durch autorisierte Mitglieder aus Tornesch und Uetersen, wie etwa den Hauptausschüssen, die schnellstmöglich gemeinsame Beschlüsse fassen. Es sollten sich beide Städte zur Fusion bekennen, beide Städte sollten den Auftrag für eine Machbarkeitsstudie erteilen, um die Auswirkungen und Vor- und Nachteile zu ermitteln. Letztlich muss eine Verwaltung die Federführung übernehmen. Danach könnten beide Städte das Gutachten für sich auswerten und wenn beide zum selben Ergebnis kommen, nämlich für eine Fusion, sollten zeitgleich die entsprechenden Ratsbeschlüsse öffentlich und bürgernah gefasst und umgesetzt werden. Ob mit oder ohne nachgeschaltete Bürgerentscheide ist es eine politische Entscheidung. Ein Bürgerentscheid ist nicht zwingend notwendig, aber wünschenswert.

Sie sind seit einem Vierteljahrhundert Bürgermeister. Was sagt ihre Frau dazu, dass Sie wieder antreten?

Krügel:

Meine Frau weiß, dass diese Aufgabe für mich Berufung ist. Sie hat mich in all den Jahren unterstützt und insofern kann sie meine Entscheidung verstehen und hofft, genauso wie ich, dass ich wiedergewählt werde.