Das zuständige Katasteramt zwingt die Anlieger einer Wohnstraße in Pinneberg, ihre Anbauten 30 Jahre später vermessen zu lassen und sorgt für Unmut.

Pinneberg. Knapp 65 000 Euro steckten sie in den Anbau mit Blick auf den eigenen Garten. Hier wollte das Rentnerpaar eigentlich seinen Lebensabend genießen. Doch seit Juni herrscht dicke Luft im Schünenkamp. Da bekamen die Anwohner Post vom Landesamt für Vermessung und Geoinformation. Hinter dem Zeichen BS 45424/2011 verbirgt sich für die Familie Grimm eine teure Überraschung - und nicht nur für sie.

Nach knapp 30 Jahren sollen sie ihren Anbau, "innerhalb eines Monats", wie es in dem Schreiben heißt, vermessen lassen. Es folgen Paragrafen und bei den Grimms vor allem Fragezeichen: "Warum sollen wir das machen? Wir haben doch alle Baupläne eingereicht", sagt Michael Grimm. Für den Pensionär gibt es nur eine Antwort. "Die wollen uns abzocken. Das ist nichts anderes als Behördenwillkür", schimpft er. Er befürchtet vor allem einen satten Gebührenbescheid vom Amt. Neben ihm sind im kleinen Waldenau noch zwölf weitere Anwohner betroffen. Doch rechtlich scheint die Sache wasserdicht. Denn alle Gebäude nach 1975 müssen nach dem Bau eingemessen und beim Liegenschaftskataster nachgewiesen werden, zumindest wenn sie freistehend sind. Allein die Bauunterlagen reichen laut Gesetz nicht aus.

Für Grimm und die Waldenauer wird die Einmessung wegen diverser Gebühren teuer: für die Herausgabe der bestehenden Pläne, für die Vermessung, für die Wiedereintragung ins Liegenschaftsregister. Allein bei den Grimms entstehen so geschätzte 815 Euro Kosten - berechnet auf Grundlage der damaligen Baukosten. Doch Grundlage für die Vermessungs-Gebühren ist der tatsächliche Marktwert. Ist er gestiegen, steigen auch die Kosten für die Grundstücksbesitzer. "Das ist meine Monatsrente", rechnet Hannelore Grimm vor. Kopfschütteln. Noch ärgerlicher: Seit 23. März gibt es zudem eine neue Gebührenordnung, die Abgaben wurden landesweit kräftig angehoben.

Ursache für die Neuvermessung ist ein neuer Bebauungsplan der Stadt Pinneberg, der praktisch nur die Bewohner des Schünenkamps betrifft.

Die Stadtverwaltung benötigte einen aktuellen Flurkartenauszug, beauftragte daraufhin das Vermessungsbüro Felshart aus Uetersen mit einer Überprüfung. Die Fachleute waren vor allem auf der Suche nach Anbauten, die nicht ordnungsgemäß eingemessen wurden. Doch selbst Bauherren, die nach Fertigstellung ihr Domizil brav vermessen ließen, wurden nun angeschrieben. So wie Jochen Ließmann. Der Nachbar der Grimms baute 1995 an, ließ 1998 vermessen und bekam nun ebenfalls Post. "Das lasse ich mir nicht bieten", sagt der ehemalige Polizist und will Widerspruch einlegen. Die Stimmung in Waldenau kocht hoch.

Peter Blöcker, Sprecher des Elmshorner Landesamtes, versucht zu beruhigen: "Wer schon vermessen hat, muss sich melden und wird selbstverständlich befreit", sagt er. "Generell muss sich jeder Bauherr seiner Pflichten bewusst sein." Wer die Vermessung von der Behörde vornehmen lässt, könne allerdings mit Milde rechnen. "Wer die Kosten nicht sofort berappen kann, mit dem sprechen wir. Zur Not stunden wir sogar", so Blöcker. Grimm kann das nicht besänftigen. "Es geht nicht um die Art der Zahlung, sondern um die Gebühr an sich. Wir sind keine Kühe, die man ausmelken kann."