Geteilte Meinungen bei Lehrern über Debatte um Freigabe in Hamburg

Kreis Pinneberg. Durch die in Hamburg erfolgte Freigabe, dass Grundschulen keine Schreibschrift mehr unterrichten müssen, ist auch an den Schulen im Kreis Pinneberg die Diskussion in Gang gekommen. Der Erlass aus dem Kultusministerium gibt vor, dass Kinder mit Druckbuchstaben beginnen sollen, weil sie die Schriftbilder aus ihrer Vorschulkarriere von Plakaten und aus Zeitungen schon ein wenig kennen. "Später", so sagt der Erlass, sollen die Kinder die "vereinfachte Schulausgangsschrift" erlernen - wann das ist, lässt das Ministerium offen.

Barbara Burton, Leiterin der Halstenbeker Grundschule Bickbargen, leitet daraus große Spielräume ab: "Die Grundschulen im Land haben seit vielen Jahren die Wahlfreiheit, welche Schrift sie im Unterricht benutzen wollen." Entschieden werde dies von den Schulkonferenzen. Zur Wahl stehen die aus der DDR übernommene Schulausgangsschrift sowie die vereinfachte Schulausgangschrift, die mit gutem Erfolg seit Jahren in der Grundschule Bickbargen angewendet wird. Beide Schriften sind gegenüber der klassischen lateinischen Schreibschrift vereinfacht. Doch selbst diese Schrift wird noch von einigen Schulen benutzt.

Der Pinneberger Schulrat Michael Doppke hält das Erlernen der Schreibschrift für sinnvoll. Zwar sei es für Kinder mit motorischen Problemen leichter, eine Druckschrift zu erlernen. Jedoch könne ein Überwinden solcher Schwierigkeiten ebenfalls als Erfolg verbucht werden.

Für Sibylle Leuner, Leiterin der Wedeler Albert-Schweitzer-Schule, hat die Medaille zwei Seiten. Sicherlich sei eine gebundene Schrift schön, jedoch gebe es immer mehr Kinder mit schweren Defiziten in der Motorik. "Durch das Erlernen der Schreibschrift wird viel Unterrichtszeit gebunden", sagt sie. Auch andere Staaten kennen eine Schreibschrift gar nicht, wie beispielsweise die USA.

Sabine Foßhag, Leiterin der Wedeler Moorweg-Grundschule, sieht einen Schwenk zur Grundschrift gedruckten Stils kritisch. "Wir haben die Schulausgangsschrift und die würde ich gern beibehalten", sagte sie. In Quickborn wird an den drei Grundschulen die lateinische Schreibschrift gelehrt. "Wir machen das in der zweiten Klasse", sagt Schulleiterin Uta Schmidt-Lewerkühne von der Grundschule Mühlenberg. "Mit der Schreibschrift entwickelt sich auch das spätere Schriftbild der Schüler aus", sagt sie. Wenn die abgeschafft werden würde, "geht auch ein Stück Kulturgut verloren", warnt Schmidt-Lewerkühne. Die Schreibschrift habe zudem den Vorteil, dass sie mit ihrer geschwungenen Art der Kreativität der Kinder entgegen komme, sagt Schulleiterin Silke Binger von der Goetheschule. "Das ist wie Malen. Die Kinder haben Spaß dabei."

Für Schulleiterin Gudrun Rechter von der Fritz-Reuter-Schule in Tornesch ist die Abschaffung der Schreibschrift kein Thema. "Dafür gibt es keine Notwendigkeit", sagt sie. Die Kinder beginnen in der ersten Klasse mit der Druckschrift. In der zweiten Klasse lernen sie die vereinfachte Ausgangsschrift, wenn sie den Leselehrgang verinnerlicht haben. Im zweiten Halbjahr lesen sie dann verstärkt Texte mit verbundener Schrift. Mit der Methode gebe es keine Probleme, so Rechter.

Auch Rektor Holger Meyer von der Grundschule Thesdorf in Pinneberg sieht keinen Grund, von der lateinischen Ausgangsschrift abzuweichen. "Die Lehrer diskutieren zwar in den Pausen über die Hamburger Entscheidung, sehen aber keinen Änderungsbedarf", sagt Meyer. "Sicher fällt einigen Kindern das Schreiben schwerer als anderen, da die motorischen Fähigkeiten nicht so ausgeprägt sind", sagt Meyer. Es komme aber nicht auf die Ästhetik an. Vielmehr würden die Sauberkeit des Heftes und die Formtreue der Buchstaben bewertet. "Man muss es auch zulassen, dass einige Kinder nicht so schön schreiben können", sagt Meyer.

An der Grundschule Klein Nordende gehen die Lehrer individuell auf die Kinder ein, sagt Schuleiterin Lore Sindram. "Einige Kinder beginnen im ersten Schuljahr mit dem Verbinden der Buchstaben. Wir haben aber auch schon ein Kind an die weiterführende Schule entlassen, das die Schreibschrift motorisch nicht umsetzen konnten, aber in allen anderen Bereichen so weit war." Eine gute lesbare Schrift zu haben, sei wichtig. "Pädagogen müssen kein schlechtes Gewissen mehr haben, wenn sie den Kindern einen langen Schonraum ermöglichen."