Elmshorner legte Feuer im deutsch-türkischen Kulturverein. 16 Verletzte. Polizei schließt fremdenfeindliches Motiv aus

Elmshorn. Bülent Celika steht vor den schwarzen Überresten seines Cafés. Er kann nicht fassen, was sich am späten Sonntagabend bei ihm zugetragen hat. Etwa 30 Gäste in seinem Lokal unterhielten sich angeregt, spielten Karten, tranken Tee. "Plötzlich stand ein Mann mit einem Kanister in der Hand mitten im Raum, wünschte guten Abend und begann Benzin über den Teppich zu verteilen", sagt der Café-Betreiber. Durch die offene Hintertür war der Mann gegen 23 Uhr hereingestürmt.

Celika packte ihn sofort am Arm und wollte wissen, was er da mache. Da goss der Täter ihm spontan Benzin über den Oberkörper. "In der nächsten Sekunde hatte er ein Feuerzeug zur Hand und warf es auf den Boden", sagt Celika. Sofort stand alles in Flammen. "Dann zog er eine Axt und ein Messer hinter dem Rücken hervor. Wir liefen alle zur Vordertür raus auf die Straße." Der Brandstifter nahm die Hintertür, erinnert sich der Wirt. "Ich glaube, er hatte selbst Feuer gefangen. Er versuchte, seine Jeans auszuziehen."

Weit kam der Täter nicht. Einige Gäste schlugen auf ihn ein und hielten ihn fest, bis die Polizei eintraf. Er wurde dabei auch verletzt, konnte aber gestern von der Polizei vernommen werden. 16 Menschen erlitten eine Rauchgasvergiftung. Die Räume des Kulturvereins sind komplett ausgebrannt. Eine Wohnung und das Büro der IG-Metall nebenan sind stark beschädigt. Die Höhe des Sachschadens ist noch nicht bekannt.

Der Brandstifter war bei der Tat alkoholisiert. Axt und Messer wurden sichergestellt. Ein Richter sollte entscheiden, ob er in U-Haft kommt. Die Entscheidung war bis zum Abend nicht gefallen. Die Polizei geht nicht von einem fremdenfeindlichen Motiv für diesen Brandanschlag aus. "Einen rechtsradikalen Hintergrund können wir definitiv ausschließen", betont Holger Fenske von der Kriminalpolizei. Auch wenn der Täter einen kurzen Haarschnitt hat - "das war ein typischer Nachbarschaftsstreit. Der Mann fühlte sich von dem Lärm aus dem Kultur-Café erheblich belästigt. Der Staatsschutzabteilung ist er völlig unbekannt."

Es war nicht das erste Mal, dass es deshalb zu Auseinandersetzungen gekommen ist. Der 41-Jährige, der direkt nebenan wohnt, hatte sich mehrfach bei der Polizei über die Lautstärke aus dem türkischen Kulturverein beschwert. Schon einmal eskalierte dieser Streit: Im Herbst vergangenen Jahres kam es sogar zu Tätlichkeiten, berichtet Polizeisprecher Fenske. Der Elmshorner stellte den Betreiber des Cafés zur Rede und forderte ihn auf, für Ruhe zu sorgen. Daraufhin kam es zu einem Gerangel mit den Gästen. Die Polizei wurde gerufen und schrieb eine Anzeige wegen Körperverletzung.

Die Freiwillige Feuerwehr Elmshorn rückte sofort nach der Alarmierung um 23.06 Uhr mit 60 Mann an den Wedenkamp aus. Die Besucher des Kulturvereins und auch die Bewohner der darüber liegenden 30 Wohnungen hatten sich da bereits ins Freie gerettet. Ein Feuerwehrmann einer Nachbarwehr, der dort zufällig zu Gast war, hatte sie rechtzeitig gewarnt und eine Person aus dem Dachgeschoss nach draußen geleitet, erklärt Feuerwehrsprecher Michael Bunk. "Unser Hauptaugenmerk lag darauf, zu verhindern, dass die Flammen ins erste Obergeschoss übergreifen", sagte Einsatzleiter Stefan Mohr. "Das ist uns gelungen." Auch wenn die Wohnung darüber erheblich beschädigt wurde und nun unbewohnbar ist.

Das Feuer war nach etwa einer Stunde gelöscht. Die Nachlöscharbeiten dauerten eine weitere Stunde. "Gegen drei Uhr durften wir wieder in unsere Wohnungen", erzählt Jörg Wegner, der nebenan einen Copyshop betreibt. Doch am frühen Morgen loderten die Flammen wieder auf. Erneut mussten die Bewohner ins Freie, 40 Feuerwehrkräfte rückten wieder aus, um den Brand endgültig zu löschen. Feuerwehrsprecher Bunk erklärt dies mit dem Alter des Hauses. "Das Gebäude wirkt durch seinen modernen Klinker zwar recht neu, ist im Kern aber ein altes, ehemaliges Möbelhaus. Die damalige Bauweise und die aufgesetzten Isolierungsschichten haben den nicht vorhersehbaren Brandverlauf begünstigt."

Hausverwalter Heiko Schlünzen ist seit dem frühen Morgen damit beschäftigt, die Bewohner und Eigentümergemeinschaft zu beruhigen. "Die sind alle in heller Aufregung", sagt Schlünzen. Für die Schäden in den Wohnungen müsse die jeweilige Hausratversicherung aufkommen, sagt er. IG-Metall-Chef Uwe Zabel sagt: "Wir sind auch stark betroffen. Unser gesamtes 250 Quadratmeter großes Büro ist total verrußt, die Computer unbrauchbar. Ich habe jetzt einen Anwalt eingeschaltet." Zumindest Strom und Wasser konnten gegen Mittag wieder angestellt werden.

Bülent Celika hat den deutsch-türkischen Kulturverein vor fünf Monaten gepachtet. Den Brandstifter habe er zuvor noch nie gesehen, beteuert er. Laut sei es auch nicht gewesen, so Celika, nicht einmal Musik sei gespielt worden.

Einige Stammgäste sind eingetroffen, um ihm beizustehen. Sie sind davon überzeugt, dass der Tatverdächtige der rechten Szene zuzuordnen ist, trotz des klaren Dementis der Polizei. Serdar Sözen kommt jeden Tag zum Kartenspielen in den Verein. "Der das Feuer gelegt hat, ist ein Rechter", ist er sich sicher. Völlig aufgeregt ist auch Wohnungseigentümerin Diana Braeger. "Als ich den Verwalter nachts anrief, um ihn über den Lärm und das Feuer zu informieren, hat er mich nur beschimpft, was mir einfällt, ihn nachts zu wecken", sagt sie wütend. Sie hat eine junge Frau, deren Wohnung beim zweiten Feuer ausbrannte, über Nacht bei sich aufgenommen. "Wir saßen bis morgens fassungslos auf dem Sofa", sagt sie.