Unser Dorf: Das Team der Regionalausgabe zu Gast in der Gemeinde, die einen hohen Freizeitwert hat und in der Tradition groß geschrieben wird

Neuendeich. "Dass man sich hier engagiert, ist ein Muss", sagen Landwirt Thies-Peter Kleinwort und seine Frau Martina. Mitmachen in der Dorfgemeinschaft ist für sie selbstverständlich. Als Oberdeichgraf ist Kleinwort zudem dafür zuständig, dass die Deiche zwischen Uetersen und Elmshorn in Ordnung sind, immerhin handelt es sich 3400 Hektar oder 19 Kilometer Deichlinie. Im Gemeinderat ist er ebenfalls aktiv. "In Neuendeich kann man seine Umgebung noch selbst mitgestalten." Wichtig ist ihm dabei, dass die kleine Gemeinde nur dann investiert, wenn es auch geht. "2012 sind wir schuldenfrei", sagt Kleinwort stolz. Auch bei der Freiwilligen Feuerwehr macht er mit. "Das gehört sich so", sagt er. Ehefrau Martina stimmt zu: "Der Zusammenhalt im Dorf ist sehr groß". Sie selbst ist Vorsitzende im Ortsverein des Roten Kreuzes und bei den Landfrauen im Nordender Umland. Mit dem DRK kümmern sie und ihre Mitstreiter sich um die Betreuung älterer Menschen, organisieren Spielenachmittage, Gedächtnistrainings und Nordic-Walking. Fast nebenbei führen die Kleinworts noch ihren 80-Hektar-Hof mit Schweinemast und Milchkühen.

Auch Sabine und Herbert Früchtenicht hatten einen Landwirtschaftsbetrieb, sattelten aber aus gesundheitlichen Gründen um. Sabine Früchtenicht führt jetzt auf dem Hof einen erfolgreichen Fahrradverleih und -verkauf. "Viele Leute aus Hamburg kommen her, um mit dem Rad durch die Marsch zu fahren", sagt sie. Ihre alte Scheune haben sie renoviert und vermieten das Gebäude für Feierlichkeiten, Ausstellungen und Flohmärkte. Auch eine Ferienwohnung haben sie auf ihrem Hof. "Wir sind fast immer ausgebucht", sagt die begeisterte Fahrradschrauberin. Der Hof gehört der Früchtenicht-Familie bereits seit 1670. Sie fühlen sich wohl in Neuendeich. Das hat in ihrer Familie Tradition.

Tradition wird auch im Hause der alteingesessenen Neuendeicher Familie Rusch ganz groß geschrieben. Ilse Rusch ist Chefin der Trachtengruppe "Pinnau-Elbmarschen", und zwar mit Leidenschaft. Etwa 50 Männer Frauen, Jugendliche und Kinder tanzen in der Gruppe, die neben dörflichen Festivitäten auch gern außerhalb des Marschdorfes gebucht wird, etwa für Fernsehauftritte beim NDR, in der Führungsakademie der Bundeswehr oder demnächst bei der 777-Jahr-Feier der Nachbarstadt Uetersen. Fast alle Trachten hat sie selbst genäht, besonders fällt der Brustlatz mit den silbernen Knöpfen bei der Frauentracht ins Auge. Alle 14 Tage wird im Dörpshus geübt. Besonders schön: Männer machen auch gern mit beim Trachtentanz in Neuendeich, auch wenn der eine oder andere anfangs mit dem schwarzen Zylinder so sein Problem hatte, lacht Ilse Rusch. "Aber das gibt sich schnell."

Ein junger Club ist der TSV Neuendeich, auch wenn nächstes Jahr schon das "25-Jährige" gefeiert wird. Die Gemeinschaft steht auch hier ganz oben. "Wir sind ein intimer, kuscheliger Verein" sagt Vereinschef Thomas Dreier. Etwa 80 Mitglieder spielen Tennis, "wir freuen uns über jeden, der mitmachen will", sagt Dreier. Großer Vorteil: Die Tennisfreunde können jederzeit spielen, Plätze sind nicht reserviert "und die Beiträge sind sehr günstig, sagt Dreier.

Eine wichtige Rolle spielt natürlich die Feuerwehr in Neuendeich. 28 Aktive und 19 Jugendliche machen mit, "allein in diesem Jahr hatten wir 8 Neueintritte, darunter fünf Mädchen", zeigt sich Wehrführer Reinhard Pliquet, nebenbei erster stellvertretender Bürgermeister und Ratsherr, hochzufrieden. Voriges Jahr hatten die Retter aus Neuendeich jede Menge zu tun, zehn Einsätze vom Großfeuer über eine Tierrettung, Aufrichten eines umgestürzten Traktors bis zur Bergung einer Wasserleiche sind Rekord in der Bilanz der 1929 gegründeten Feuerwehr. Nebenbei sind die Feuerwehrleute auch für den geselligen Teil im Dorf zuständig, etwa Laternelaufen und Osterfeuer, und zwar zusammen mit dem Elternverein. Der ist sehr rührig, bietet den Kindern des Dorfes viele Veranstaltungen vom Buschfahren über Kanutouren bis zum Weihnachtsbasteln an. Der Elternverein ist auch Träger des Kindergartens "Kribbelkrabbel" am Dörpshus, in dem derzeit 19 Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren von Leiterin Anke Hasenkampf und Christiane Rusch betreut werden. Sind die Kleinen aus dem Kindergarten heraus, wird ihnen nicht langweilig.

Dafür sorgt beispielsweise Hans Lütjens, seit 1970 in Neuendeich ansässig. "Damals sind viele aus Hamburg hinaus aufs Land gezogen", sagt der pensionierte Gymnasiallehrer. Bereut hat er es nicht. In Neuendeich engagiert er sich mit Herzblut für die Jugend des Dorfes. Lütjens hat einen Wassersportverein gegründet und bringt als Vereinschef Jugendlichen das Segeln bei. Besonders stolz ist er auf das selbst geschaffene Hafenareal. "Wir haben hier den schönsten Hafen." Die Großstadt vermisst Lütjens nicht. "Ich liebe die Qualität, die das Leben hier hat, und Langeweile gibt es nicht. Wenn man will, dann ist man jeden Abend irgendwo eingeladen." Wie bestellt kommen andere Skipper in das Clubhaus im Hafen. Jetzt wird erstmal ein zünftiger Skat gekloppt. Stimmt. Gemeinschaft ist eben alles in Neuendeich.