CDU-Kreisverband will Bundespartei mit Thesen zur Bildungspolitik aufrütteln. Mit ihrem Bildungspapier will die CDU Maßstäbe setzen.

Kreis Pinneberg. Der CDU-Kreisverband Pinneberg macht sich daran, ein dickes bildungspolitisches Brett zu bohren. In einem "Thesenpapier zur Bildungspolitik" fordert die Partei bundesweit einheitliche Schulabschlüsse, die bundesweite Festlegung auf die Zweigliedrigkeit für weiterführende Schulen, mehr Wettbewerb unter den Schulen und mehr Fortbildungen für Lehrer - unter dem Strich eine Abkehr vom föderalen Bildungssystem in Deutschland.

"Ein Umzug in ein anderes Bundesland darf keine Nachteile mehr für Schülerinnen und Schüler haben", sagt Natalina Boenigk, die stellvertretende CDU-Kreisvorsitzende. "Deshalb wollen wir die Schullandschaft vereinheitlichen." Die Ziele gebe die Politik vor, die Kultusministerkonferenz solle einheitliche Standards entwickeln. Alternativ könne die Entscheidungskompetenz auf den Bund übertragen werden.

Schriftstück ist Grundlage für Antrag beim Bundesparteitag der CDU

Die Pinnebergerin hat das Bildungspapier, in dieser Form eine Premiere in der Landes-CDU, über einen Zeitraum von mehreren Wochen gemeinsam mit Christian Saborowski, dem Vizechef der Elmshorner CDU, Reinhard Mischke, Schulleiter am Quickborner Elsensee-Gymnasium, sowie Birte Glißmann von der Jungen Union erarbeitet.

Das vierseitige Schriftstück soll die Grundlage für Anträge sein, die der CDU-Kreisverband im Herbst beim Landesausschuss und im Dezember auf dem Bundesparteitag der Union stellen will. Mit ihrem Bildungspapier will die CDU Maßstäbe setzen. "Die Bevölkerung hat die Nase voll vom Flickenteppich bei der Schulbildung", sagte Saborowski. Es könne nicht sein, dass es aufgrund des föderalen Bildungssystems in Deutschland beispielsweise 36 verschiedene Namen für verschiedene Schulformen gebe.

Die Zweigliedrigkeit für weiterführende Schulen sowie am Bedarf orientierte Ganztagsangebot sind in diesem Zusammenhang Dollpunkte für die Christdemokraten. An den Schulen seien Sozialpädagogen und Sozialarbeiter erforderlich, der schulpsychologische Dienst müsse "erheblich ausgebaut werden". Eine Kooperation beider sei zwingend notwendig, um die Arbeit der Schulen zu optimieren. Bei der Berechnung des Bedarfs an Sozialpädagogen müsse außer den Schülerzahlen auch das soziale Umfeld und die Altersstruktur beachtet werden. Kreise und Kommunen hätten den Bedarf in Kooperation mit den Schulen zu ermitteln.

Außerdem will die CDU die Neugründung von Privatschulen vereinfachen, die Kooperation zwischen Bildung und Wirtschaft ausbauen sowie Quereinsteigern die Schultüren öffnen.

Alle Maßnahmen seien dem Ziel der bestmöglichen Bildung unterzuordnen, sagt Saborowski. Die operative Verantwortlichkeit liege bei den Schulen, sie müssten in ihrer Funktion als Dienstleister gestärkt werden und nicht bürokratische Ebenen, etwa in Landesregierungen. Ziel sei es, den Lehrermangel zu beseitigen.

"Wir brauchen eine hoch qualifizierte, bedarfsgerechte Lehreraus- und Fortbildung", sagt Saborowski. Die dafür nötigen finanziellen Mittel seien mittelfristig in Abhängigkeit von der Finanzsituation des Landes festzuschreiben. Die CDU fordert künftig "verpflichtende berufsorientierende Praktika" vor Beginn eines Lehrerstudiums. Eine leistungsgerechte Besoldung von Lehrern sei anzustreben.

In diesem Zusammenhang sollen die Schulleiter nach dem Willen der CDU - bei gleichzeitiger Entlastung von "unterrichtsfremden Tätigkeiten" wie etwa statistische Erhebungen - wesentlich mehr Kompetenzen bekommen. Als Beispiele werden angeführt die Einstellung und im Extremfall Entlassung von Lehrern sowie die Zahlung von Prämien. Zielvereinbarungen mit dem Kollegium oder einzelnen Lehrern sollen den schulischen Erfolg fördern. Dazu gehöre, so Saborowski, eine leistungs- und nicht funktionsorientierte Besoldung der Lehrer. Fast zwingend daraus eine weitere Forderung: "Bund und Länder werden aufgefordert, die Notwendigkeit des Beamtenstatus von Lehrkräften ergebnisoffen zu prüfen."

Die Fortbildung von Lehrern ist nach den Vorstellungen der CDU auszuweiten und zu verbessern. Ein Teil der Fortbildung müsse von der Schulleitung angeordnet werden, zumindest teilweise auch in der unterrichtsfreien Zeit. Teile der unterrichtsfreien Zeit von Lehrern sollten zur pädagogischen Entwicklung und zur "Intensivierung der kollegialen Zusammenarbeit" in der Schule verbracht werden.

"Richtungsweisender Vorstoß für eine bessere Bildung im Land"

Im Kreisverband der CDU reicht das Spektrum der Zustimmung von Beifall bis Begeisterung. Parteichef Ole Schröder: "Dieses Thesenpapier ist ein richtungsweisender Vorstoß für eine bessere Bildung in unserem Land. Wir wollen damit endlich die jahrelange Systemdebatte beenden und wieder Inhalte in den Vordergrund stellen."

Bilsens Bürgermeister Rainer Ute Harms spricht gar von einem "Meilenstein für die Bundesrepublik Deutschland", in dem die Bundesländer aufgefordert würden, auf eine ihrer wesentlichen Landeskompetenzen zu Gunsten einer Zusammenarbeit mit dem Bund zu verzichten. "Das ist für eine zukunftsweisende Bildungspolitik richtig und gut so." Das bedeute aber auch, so Harms, dass mit diesem Antrag eine "heilige Kuh des Föderalismus in Deutschland geschlachtet wird".