Bernd Hüchtemann und Jörg Kremer leben mit einem fremden Organ und werben für Spende

Kreis Pinneberg. Bernd Hüchtemann aus Wedel und Jörg Kremer aus Pinneberg sehen die Welt und das Leben gelassener als die meisten anderen Menschen. Sie nörgeln weniger und genießen mehr und wissen auch kleine Dinge groß zu schätzen. Denn als Organtransplantierte freuen sie sich über ein zweites Leben, das ihnen geschenkt wurde. Bernd Hüchtemann erhielt die Leber eines anderen, Jörg Kremer trägt das Herz eines Fremden in sich - im gesamten Kreis Pinneberg liegt die Zahl der Organtransplantierten geschätzt im zweistelligen Bereich.

Es könnten und sollten viel mehr sein. Bundesweit warten nach Angaben Hüchtemanns rund 12 000 Patienten auf ein lebensrettendes Organ, allein in der Region sind es etwa 500. Hüchtemann weiß das so genau, weil er die Regionalgruppe des Bundesverbandes der Organtransplantierten (BDO) in Hamburg führt. Der Verband besteht seit genau einem Vierteljahrhundert. Und das ist Anlass, in eine Informationsoffensive zu gehen.

Denn das Schicksal, das Organ eines anderen Menschen zu benötigen, kann jeden treffen. "Bei mir wurde Hepatitis C diagnostiziert - woher sie stammte, weiß ich bis heute nicht", sagt Hüchtemann, der im Jahr 1996 eine neue Leber bekam, ohne die er sein jetziges Alter von 56 Jahren niemals erreicht hätte. "Ich bin unendlich dankbar."

Ein bisschen von seinem Glück gibt Hüchtemann jetzt zurück. In der Uniklinik Hamburg-Eppendorf steht er Menschen zur Seite, die ebenfalls ein neues Organ benötigen, sei es eine Leber, ein Herz, eine Lunge, eine Bauchspeicheldrüse, eine Niere oder einen Dünndarm.

Neben der Betreuung der Patienten während der Wartezeit auf ein Organ betreibt die Gruppe Erfahrungsaustausch und informiert über besondere Hilfen und Vorsichtsmaßnahmen für Transplantierte. Die Werbung für die Organspende steht ganz oben an.

Das ist das Anliegen von Jörg Kremer (66). In seinem neunten Lebensjahr erlitt er eine Mandelentzündung - und verschleppte sie. Mit 38 Jahren benötigte er eine neue Herzklappe, mit 47 die nächste, mit 59 bekam er ein neues Herz. "Man wird anders. Die Blickrichtung ändert sich."

Das Leben muss umgestellt werden. Alkohol und Zigaretten sind für Transplantierte tabu ebenso wie alles andere, was den Körper schwächen kann. Ständig müssen Medikamente genommen werden, die das Immunsystem so weit im Griff haben, dass das fremde Organ nicht abgestoßen wird.

Viele Betroffene sind nach der Transplantation wieder arbeitsfähig

Das bedeutet allerdings nicht, dass Transplantierte dahin siechen. Viele von ihnen sind sogar wieder arbeitsfähig - auch der Sozialwissenschaftler Hüchtemann und der Service-Techniker Kremer wollten nach ihrer Operation ebenfalls im Berufsleben bleiben. Allerdings scheuen Arbeitgeber sehr oft davor zurück. Sie schrecken vor Schwierigkeiten und Einschränkungen zurück. Transplantierte unterliegen einer intensiven Nachsorge, müssen mehr Arzttermine wahrnehmen und sind oft körperlich zudem nicht so belastbar, sodass sie nur schwer vermittelbar sind. Da entscheiden sich viele, einen Rentenantrag zu stellen.

"Das passiert auch, um Diskussionen mit dem medizinischen Dienst der Krankenkassen aus dem Weg zu gehen. Stellt man den Antrag sofort nach der Operation, sind die Genehmigungsaussichten größer. Versucht man noch einige Jahre zu arbeiten, erkennt dann, dass die Kräfte schwächer werden und stellt erst dann einen Antrag, muss man sich dafür oft noch rechtfertigen", berichtet Hüchtemann.

www.bdo-ev.de