Denkmalamt hat Wuppermans Kochschule nicht erfasst, will Kreishaus aber schützen

Pinneberg. Pinneberg kämpft seit Langem um seine historischen Gebäude. In spätestens vier Jahren könnte ein weiteres Zeugnis der Geschichte abgerissen werden: die ehemalige Kochschule der Firma Wupperman an der Ecke Moltkestraße/Drosteipark. Das am 13. September 1887 eingeweihte Gebäude ist vielfältig vom Unternehmen für seine Beschäftigten genutzt worden.

"Nach Auskunft der Baubehörde ist eine Bebauung mit einem bis zu sechsstöckigen Gebäude möglich", heißt es in einer per Internet über Immonet sowie Ebay verbreiteten Anzeige. 450 000 Euro waren noch vor wenigen Tagen als Preis genannt. Diese Summe hat der Immobilienmakler, der keine Auskunft geben will, vor Kurzem gelöscht.

In der Baubehörde mag sich niemand an eine Aussage über die Bebauungsmöglichkeiten erinnern. Bürgermeisterin Kristin Alheit teilt mit, dass es keine offizielle Auskunft ihrer Behörde gegeben habe. Als "nicht vorstellbar" hält sie eine sechsgeschossige Bauweise, wie im Internet offeriert. Da es aber keinen Bebauungsplan für dieses Gebiet gebe, sei der Bauumfang strittig. Der Neubau müsse sich in die Umgebung einfügen.

Die Kinder wurden betreut, die Frauen lernten kochen, die Mädchen nähen

Herman Wuppermann (1852-1897), der als großer Gönner seiner der Stadt gilt, hatte 1878 das in Konkurs geratene Union-Eisenwerk gekauft und das Unternehmen erheblich ausgebaut. Ihm war wichtig, die gesamte Familie seiner Arbeiter zu versorgen. Im "Anstaltshaus" am Drosteipark wurden beim Start 64 Arbeiterkinder im Alter von zweieinhalb bis sechs Jahren betreut, und zwar mit einer Unterbrechung in der Mittagszeit bis abends um 18.30 Uhr. Die Eltern kostete diese Betreuung kein Geld. Eine Diakonissin, eine Kindergärtnerin und eine Helferin kümmerten sich um die Kleinen. Später lernten dort junge Frauen zu kochen, junge Mädchen übten sich im Nähen. Der Firmenchef ließ Speisesäle und eine Bibliothek einrichten und baute für einen Arzt ein Sprechzimmer aus.

"Es gab noch ähnliche Einrichtungen an der Lindenstraße und der Schauenburger Straße. Die Nutzung änderte sich ständig", sagt Johannes Seifert. Er hat für die VHS-Geschichtswerkstatt die Geschichte der Traditionsfirma erforscht. Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es noch einen Aufschwung, bevor die Pinneberger Emaille-Töpfe nicht mehr nachgefragt wurden, da sie nicht so gut auf Elektroherden funktionierten. 1962 wurde das Restwerk verkauft.

Später wurde aus der Kochschule ein schönes Restaurant. Seit November wird dort italienische Küche gereicht. Der Pachtvertrag läuft auch noch vier Jahre. Der vom Makler per Internet angekündigte Abriss steht anscheinend noch nicht bevor.

Der Rellinger Kunstmaler Mathias Faber hatte das Verkaufsangebot im Internet-Auktionshaus Ebay entdeckt. Er hält die Wuppermansche Kochschule "in mehrfacher Hinsicht für besonders". Als "austauschbar" und "absolut beliebig" beschreibt er die angrenzende Bebauung am Drosteipark. Jüngstes Beispiel einer verfehlten Stadtplanung sei, dass statt einer Mühle an der Mühlenstraße ein "Gebäudekomplex im Stil nordamerikanischer Verwaltungsgebäude" genehmigt worden sei.

Gleichwohl kündigt Bürgermeisterin Alheit an, von der Denkmalschutzbehörde überprüfen zu lassen, wie schutzwürdig das alte Wuppermansche Haus ist. Ohnehin sind die Denkmalschützer trotz Personalnot in diesen Wochen in Pinneberg am Zuge. Direkt gegenüber dem Wupperman-Haus müssen sie einschätzen, was das in den 30er-Jahren als Krankenhaus erbaute und noch bis Herbst von der Kreisverwaltung genutzten Gebäudes aus Sicht des Denkmalschutzes wert ist. "Ich halte das Gebäude für ausgesprochen schützenswert", sagt Landeskonservator Michael Paarmann. Das gelte auf jeden Fall für die äußere Hülle. Er bereitet jetzt die offizielle Anhörung des Eigentümers vor. Kreis- und Stadtverwaltung halten in dieser Frage engen Kontakt, um das Gelände zwischen Lindenstraße und Park überplanen zu können.