Neubau von Kreisberufsschule und Feuerwehrzentrale fraglich. Kiel hält Beurteilung der finanziellen Leistungsfähigkeit derzeit nicht für möglich

Kreis Pinneberg. Zwischen Kommunalpolitik und Verwaltung ist erneut ein heftiger Streit um den Neubau der Kreisberufsschule (KBS) entbrannt. Eigentlich sollte der Bau dieses Jahr endlich losgehen. Doch das Innenministerium sieht diese rund 30 Millionen-Euro-Investition kritisch, erfuhren Kreisverwaltung, CDU und FDP bei Gesprächen in Kiel. Hemmschuh ist jetzt nicht nur die hohe Verschuldung (92 Millionen Euro) des Kreises. Vielmehr hat die Kreisverwaltung seit 2007 keinen Jahresabschluss mehr vorgelegt. "Somit ist eine Beurteilung der dauernden finanziellen Leistungsfähigkeit des Kreises Pinneberg derzeit nicht möglich", teilt Ministeriumssprecher Thomas Giebeler auf Nachfrage der Pinneberger Zeitung mit.

Die Politik sei über diesen Umstand unterrichtet gewesen, sagt Kreissprecher Marc Trampe. Zuletzt auf der Sitzung des Finanzausschusses am 1. März sowie des Hauptausschusses einen Tag darauf sei die Kreispolitik über das Fehlen der Jahresabschlüsse von 2007 bis 2010 informiert worden. Der Grund dafür sei die vorschnelle Einführung des Doppik-Systems gewesen, das die alte Kameralistik des Kreishaushalts bereits 2006 auf die doppelte Buchführung umgestellt hatte, erklärt Trampe. "Wir waren damals Vorreiter in ganz Schleswig-Holstein." Das Problem dabei sei gewesen, dass die Eröffnungsbilanz des Kreises damals auf der Entwurfsplanung dieses Gesetzes beruhte, die später von den gesetzlichen Bestimmungen abwich. Trampe: "Das alles ist in enger Abstimmung mit dem Innenministerium erfolgt."

Die Verwaltung werde jetzt nachbessern. So werde dem Ministerium "zeitnah" der Jahresabschluss für 2007 vorgelegt. Der für 2008 werde bis Ende 2011, der für 2009 bis Oktober 2012 präsentiert. Ab 2017 sollen die Jahresabschlüsse nach drei Monaten fertig sein.

CDU macht Ex-Landrat Grimme für die Situation verantwortlich

Das Fehlen dieser letzten vier Jahresabschlüsse sei der Politik bekannt gewesen, sagt die CDU-Abgeordnete Kerstin Seyfert. "Auch das ist eine Baustelle, die uns der ehemalige Landrat Wolfgang Grimme hinterlassen hat." Die Politik habe das auch immer wieder gegenüber der Verwaltung angemahnt, betont sie. Nicht bekannt sei bisher gewesen, dass deshalb das gesamte Investitionsprogramm des Kreises in den Sternen stehe. Neben der Kreisberufsschule betreffe dies den Neubau der Kreisfeuerwehrzentrale in Tornesch. "Das war für uns völlig überraschend." Erfahren hätten CDU und FDP dies erst vorige Woche im Innenministerium. Seyfert sagt in Abstimmung mit FDP-Fraktionschef Matthias Scheffler: "Wir fordern die Kreisverwaltung auf, sofort und unverzüglich ihre Hausaufgaben zu machen und die noch fehlenden und vom Innenministerium angemahnten Jahresabschlüsse endlich vorzulegen. Eine weitere Verzögerung stellt eine unzumutbare Situation für alle Beteiligten dar."

Vor einem Jahr schien die schwarz-gelbe Mehrheitskoalition mit ihrem Beschluss zum kompletten Neubau der Berufsschule an der Pinneberger Bahnhofstraße dieses Problem vom Tisch zu haben. Doch nun wurde sie von höherer Stelle jäh auf den Boden der Realität zurückgeholt. Die SPD, die sich von Anfang an gegen dieses Prestigeprojekt ausgesprochen hatte, jubelte bereits, dass es endlich gestoppt sei (die PZ berichtete). "Diese Entwicklung war zum Schaden der Schüler, die zurzeit in Containern unterrichtet werden, vorhersehbar", kritisierte deren Abgeordneter Hendryk Zeuschner. Doch CDU und FDP geben nicht auf. Sie halten am Neubauprojekt fest, betont Kerstin Seyfert. "Wir brauchen jetzt eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung von einem externen Beratungsbüro, damit wir belastbare Zahlen haben", fordert die Christdemokratin.

CDU und FDP fordern Neuberechnung zu Sanierung und Neubau der Schule

Nach der Kalkulation der Kreisverwaltung von vor einem Jahr hätte eine Sanierung der Schule 23,4 Millionen Euro, der Neubau 30,5 Millionen Euro gekostet. Doch in dem Neubauprojekt sei ein großer Lichtschacht für sechs Millionen Euro enthalten gewesen, auf den ohne weiteres verzichtet werden könnte. Deshalb beurteilten CDU und FDP die Ausgaben für Sanierung und Neubau in etwa auf demselben Niveau, weshalb sie sich für die Neubauvariante entschieden hatten. Wie der Neubau letztlich finanziert wird, sei noch unklar, sagt Kerstin Seyfert. Schwarz-Gelb favorisiere ein ÖPP-Modell, bei dem ein privater Investor das Gebäude baut, das die öffentliche Hand dann mietet.