Verdacht des Kinderporno-Besitzes gegen Ex-Politiker aus Pinneberg. Akten und Beweismaterial 17 Monate unterwegs

Pinneberg. Diese Nachricht schlug vor 17 Monaten in Pinneberg wie eine Bombe ein: Ein bekannter Kommunalpolitiker wurde als Mitglied eines bundesweit agierenden Kinderpornoringes enttarnt. Mittlerweile wurden die Drahtzieher der Pädophilen-Gruppe zu empfindlichen Haftstrafen verurteilt. Der Pinneberger Jan S., 43, jedoch wurde bisher strafrechtlich noch nicht zur Verantwortung gezogen. Dies wird sich jedoch in Kürze ändern. Jetzt sind der Vorgang und das beschlagnahmte Beweismaterial aus Frankfurt bei der zuständigen Staatsanwaltschaft in Itzehoe eingetroffen.

"Wir ermitteln aufgrund des Verdachts des Besitzes von kinderpornografischen Schriften", bestätigt Behördensprecher Ralph Döpper. Weitere Vorwürfe, etwa die Verbreitung und die Herstellung von Kinderpornos, sind offenbar vom Tisch. Wann mit einer Anklageerhebung zu rechnen ist, kann der Oberstaatsanwalt noch nicht sagen. So seien in diesem Fall Datenspeicher mit sehr großer Kapazität beschlagnahmt worden, deren Auswertung noch nicht vollständig abgeschlossen ist.

Ende September 2009 hatte das Bundeskriminalamt im Auftrag der Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft eine deutschlandweite Großrazzia unter dem Decknamen "Geisterwald" gestartet. 800 Beamte waren beteiligt, 163 Wohnungen und Geschäftsräume wurden zeitgleich durchsucht. In Pinneberg stürmten Kripo-Beamte das Haus von Jan S., der sich zu diesem Zeitpunkt in einer Fraktionssitzung befand. Bei ihm wurden nach damaligen Polizeiangaben zehn Rechner, mindestens 20 Festplatten und weitere Datenspeicher sichergestellt und abtransportiert.

Der Kommunalpolitiker, der selbst drei Kinder hat und für die von ihm mit gegründete Wählergemeinschaft im Schulausschuss der Kreisstadt saß, räumte nach Bekanntwerden der Vorwürfe öffentlich den Besitz derartigen Materials ein. Außerdem legte er alle seine kommunalpolitischen Ämter nieder. Seine Frau ist bis heute für die Wählergemeinschaft aktiv.

Die Drahtzieher des Kinderporno-Rings, die als Administratoren das geheime Netzwerk kontrolliert und teilweise auch selbst Kinder missbraucht haben, sind inzwischen vom Landgericht Darmstadt zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt worden (siehe Info-Kasten). Bereits verurteilt wurde mit Daniel V., 36, aus Traventhal (Kreis Segeberg) ein weiteres Mitglied des Netzwerks. Das Landgericht Kiel hatte den vorbestraften Pädophilen, bei dem 200 000 Bilder und 1800 Videos mit Kinderpornografie entdeckt worden waren, im September vorigen Jahres zu elf Jahren Haft und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt. Erheblich strafverschärfend war ein Chat-Protokoll gewertet worden, das einen abscheulichen Plan offenbarte: Demnach wollte Daniel V. ein Mädchen entführen, es missbrauchen und töten.

Diese schweren Fälle waren von den beteiligten Staatsanwaltschaften vordringlich bearbeitet worden. Der Pinneberger Jan S. dagegen gilt in Ermittlerkreisen als kleineres Licht. Er gehörte offenbar "nur" zu denjenigen, die sich Zugang zu dem nach außen abgeschotteten Ring verschafft und sich Material angeschaut beziehungsweise heruntergeladen haben.

Die Höhe der Strafe hängt entscheidend davon ab, in welchem Umfang belastendes Material bei dem Pinneberger Familienvater gefunden worden ist. Für den Besitz von kinderpornographischen Schriften hat der Gesetzgeber eine Haftstrafe bis zu zwei Jahren oder ersatzweise eine Geldstrafe vorgesehen. Wem allerdings nachgewiesen werden kann, dass er an der Erstellung oder Verbreitung derartigen Materials beteiligt ist, kann bis zu fünf Jahre ins Gefängnis kommen.