Dem 53-Jährigen, der im August 2010 in Tornesch seine Freundin Regina B. erstach, war ein Mord nicht nachzuweisen

Tornesch/Itzehoe. Rainer M. blieb äußerlich unbewegt - auch bei der Urteilsverkündung. Der 53-jährige Tornescher muss für die Tötung seiner Lebensgefährtin Regina B., 39, zehn Jahre ins Gefängnis. Das entschied die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe. Sie verurteilte den Tischler nicht, wie angeklagt, wegen Mordes. Nach Auffassung des Gerichts ist die Tat, die sich in der Nacht zum 3. August 2010 ereignet hat, strafrechtlich als Totschlag einzuordnen.

Zuvor war bereits Staatsanwältin Sarah Führer in ihrem Plädoyer vom Anklagevorwurf, Rainer M. sei aus niedrigen Beweggründen zum Mörder geworden, abgerückt. Laut Anklageschrift sollte eine bevorstehende Trennung des Paares Tatmotiv sein - demnach hatte Rainer M. so gehandelt, weil er über den Verlust von Regina B. nicht hinweggekommen wäre. "Das alles bleibt im Bereich der Spekulation", so die Staatsanwältin. Gleiches gelte für den genauen Tatablauf, der nicht zu klären gewesen sei.

Letzteres deshalb, weil Rainer M. von der ersten Vernehmung an die Tötung seiner Lebensgefährtin bestritt. Auch gestern, in seinem letzten Wort. "Ich habe Regina geliebt. Ich habe ihr viel zu verdanken. Dank ihr habe ich wieder Fuß gefasst, habe meine Schulden abbezahlt. Ich hätte ihr nie so etwas antun können."

Diese Beteuerungen überzeugten die Staatsanwältin nicht. "Ich bin überzeugt, dass der Angeklagte Regina B. getötet hat." Sarah Führer stützt ihre Überzeugung allein auf eine Mageninhaltsanalyse der Toten. Sie hat ergeben, dass Regina B. zwei bis drei Stunden nach der letzten Mahlzeit, die sie mit dem Angeklagten gegen 20 Uhr am Abend des 2. August eingenommen hat, gestorben ist. Führer: "Der Tod muss also vor 23 Uhr eingetreten sein - zu einem Zeitpunkt, als sich nachweislich nur der Angeklagte in dem Haus aufhielt. Und die Tat hat sich in dem Bett abgespielt, in dem er laut seiner Aussage die Nacht verbracht haben will." Die Version des 53-Jährigen, Regina B. habe noch gelebt, als er gegen 5 Uhr am Morgen des nächsten Tages zur Arbeit fuhr, nimmt ihm die Anklagevertreterin nicht ab. Genau so wenig wie seine Theorie, der Ex-Mann des Mordopfers und Vater der gemeinsamen drei Kinder sei der wahre Täter. Das Rainer M. diesen öffentlich beschuldigt habe, sei strafverschärfend zu werten. Führer beantragte eine Haftstrafe von zwölf Jahren.

Auch die beiden Nebenklagevertreter, die den Ex-Mann, die drei Kinder - sie waren während der Tat in den Ferien - sowie die Eltern des Opfers vertraten, forderten eine Verurteilung wegen Totschlags. Beide Juristen regten jedoch an, die Höchststrafe von 15 Jahren zu verhängen. Einer von ihnen, Thomas Erdmann, geißelte die "absolute Brutalität der Tat", Regina M. sei niedergemetzelt worden. Und Rainer M. habe es geschickt verstanden, alle Spuren, die auf ihn hingewiesen hätten, zu vernichten.

Genau diese Tatsache stellte Verteidiger Christoph Heer in den Mittelpunkt seines Plädoyers. Für ihn beweist dieses jedoch, dass Rainer M. nicht der Täter ist. Heer wies nach, dass die Getötete häufig bis in den frühen Morgen hinein wach gewesen sei. Da sei es nicht unwahrscheinlich, dass sie noch sehr spät etwas gegessen habe. Dies komme laut Heer auch deshalb in Frage, weil im Magen der Toten Stoffe gefunden worden sind, die nicht zur mit Rainer M. eingenommenen Mahlzeit passen. Falls also die letzte Mahlzeit spät in der Nacht erfolgte, könne Regina B. auch zu einem Zeitpunkt getötet worden sein, zu dem Rainer M. nicht mehr im Haus war. Heer: "Es bleiben Zweifel an der Täterschaft meines Mandanten, daher beantragte ich einen Freispruch."

Zu Beginn des vierten und letzten Prozesstages hatte der psychiatrische Sachverständige Professor Arno Deister den Angeklagten als "uneingeschränkt schuldfähig" eingeordnet. Verteidiger Heer kündigte nach dem Urteil an, Revision einzulegen. Staatsanwältin Führer und Nebenkläger Erdmann zeigten sich zufrieden. Letzterer bewertet jedoch die Höhe des Urteils als zu niedrig.

Der Vorsitzende Richter Eberhard Hülsing hatte in der Begründung darauf hingewiesen, dass die Höchststrafe nicht habe verhängt werden können. "Was sollen wir dann mit Leuten machen, die mehrfach getötet oder ein Kind auf ihrem Gewissen haben?" Laut Hülsing habe Rainer M. "mit absolutem Vernichtungswillen" auf sein Opfer eingewirkt. Letztlich hing laut dem Richter alles an der Mageninhaltsanalyse und an der Frage, wann Regina B. die letzte Mahlzeit eingenommen hat. Die Kammer habe keinen Zweifel, dass die letzte Speise die mit Rainer M. war - und damit komme allein er als Täter in Frage.