Parlamentarisches Patenschafts-Programm in den USA. Rist-Gymnasiast berichtet

Wedel/Geneva. Selbst in Zeiten von Globalisierung und Düsen-Jets ist ein Schuljahr in den Vereinigten Staaten noch etwas Besonderes. Und wenn die Finanzierung dieses Bildungsaufenthaltes noch vom Bundestag übernommen wird, dann sowieso. Florian Holm (18) aus Wedel verbrachte ein Jahr lang auf Vorschlag des SPD-Bundestagsabgeordneten Ernst Dieter Rossmann in der Stadt Geneva in der Nähe von Chicago. Sein Resümee: "Einfach klasse!"

Gegen einen ganzen Schwung von Wettbewerberinnen und Wettbewerbern hatte sich der Schüler des Johann-Rist-Gymnasiums durchgesetzt. Mit einem der üblichen Austauschveranstalter ging es über den großen Teich in die Familie Roman. "Ich fand sofort guten Kontakt in der Schule. Die Menschen sind sehr offen und freundlich gewesen", sagt der Wedeler.

Ein wesentlicher Teil des Lebens in der Ferne war natürlich der Besuch der Schule. Wie die Einheimischen nahm er am regulären Unterricht teil, der nach einem Kursussystem aufgebaut ist. Aber zusätzlich zum Lernen war es Florians Aufgabe, die Bundesrepublik ein bisschen besser vorzustellen - schließlich wurde die Zeit dort ja vom deutschen Steuerzahler finanziert.

Florian Holms Gruppe gewinnt Wettstreit der Mini-Vorlesungen

Jede Menge Referate und Präsentationen über das Leben in "Germany" hielt er vor seinen Schulkameraden und bei anderen Institutionen. Gemeinsam mit anderen Austausch-Schülern legte der Wedeler so viel Fleiß an den Tag, dass seine Gruppe den Wettstreit um die höchste Anzahl der Mini-Vorlesungen gewann und mit einem sechstägigen Kurzurlaub im Disney-Land von Florida belohnt wurde. Bei den Vorträgen musste der Gymnasiast schon mit dem einen oder anderen Vorurteil über das Leben in Europa im Allgemeinen und in der Bundesrepublik im Besonderen aufräumen. Er merkte, dass viele Amerikaner ihr Land als den Mittelpunkt des Universums betrachten und sich um andere Dinge nicht sonderlich kümmern und informieren. Florian Holm: "Eine Frau fragte mich, welche größere Stadt denn in der Nähe von Hamburg liegt. Ich erzählte das Hamburg selbst eine Großstadt sei, die zweitgrößte Deutschlands. Die Fragestellerin war eine der Lehrerinnen an meiner Schule."

In den USA kümmerte sich kein Abgeordneter um den Austauschschüler

Dass viele Amerikaner derart uninformiert über Europa sind, schreibt Florian Holm insbesondere den Medien in den USA und deren flachen Berichterstattung zu. Echte oder vermeintliche Skandalgeschichten stünden auch bei großen Sendern wie CNN im Fokus. "Selbst über die Ergebnisse unserer Bundestagswahl habe ich in den Medien nichts erfahren", berichtet Florian Holm - und das, obwohl Deutschland zu den wichtigsten Partnern der USA gehört.

Eher verhalten fiel auch das Betreuungs-Engagement von Seiten der US-Kongressabgeordneten aus. Während sich im Rahmen des 1983 gestarteten Austauschprogramms die deutschen Bundestagsabgeordneten oft viel Zeit für Gespräche mit den amerikanischen Gastschülern nehmen, mussten die Deutschen in den USA mit einem Platz in der hinteren Reihe und einem Praktikanten aus dem Abgeordnetenbüro vorlieb nehmen.

Trotzdem ließ sich Florian Holm die Laune nicht verderben, denn zumindest auf anderen Feldern machte er faszinierende Erfahrungen, beispielsweise bei einem Ausflug zu den Amish-Leuten. Diese streng gläubigen Christen, die untereinander meist Pennsylvaniadeutsch sprechen, wanderten vor mehr als 200 Jahren aus Deutschland aus, lehnen jede Art von Gewalt ab und kommen völlig ohne moderne Technik aus. Der junge Wedeler erzählt: "Wir haben eine Dorfschule besucht. Und es war wunderbar, wie interessiert die Kinder daran waren, wie wir leben und wie es in Deutschland aussieht", sagte Florian Holm, "und außerdem wurden wir zu Fleischklößen, Kartoffelgratin und selbst gebackenem Brot eingeladen. Es war das leckerste Essen während des ganzen Aufenthalts."