Der bildungspolitische Sprecher der SPD-Bundestags-Fraktion macht vier Vorschläge, um Deutschland im internationalen Vergleich weiter nach vorn zu bringen

Kreis Pinneberg. Das hatte Deutschland vor zehn Jahren nicht erwartet: Im Leseverständnis, in Mathematik, in Naturwissenschaften lagen die Leistungen der Fünfzehnjährigen jeweils deutlich unterhalb des Durchschnitts aller OECD-Staaten. Bei der Stärke des Zusammenhangs zwischen der sozialen Herkunft von Jugendlichen und den von ihnen erbrachten Leistungen belegte Deutschland einen unrühmlichen Spitzenplatz. Jugendliche mit Migrationshintergrund waren in ihren Schulleistungen nahezu aussichtslos abgeschlagen. Für die Bildungsnation Deutschland, die sich von ihren Genies in Kultur, Technik und Wissenschaft bis hin zur Weltmeisterschaft bei den Exporten immer auf der sicheren Seite bei den Bildungsleistungen gewähnt hatte, war dies ein tiefer Schock.

Und jetzt, zehn Jahre später, gibt es neue Pisa-Ergebnisse. Deutschland ist das einzige Land unter den 34 Pisa-Vergleichsländern, die von Anfang an dabei waren, deren fünfzehnjährige Jugendliche sich über drei Studien hin in allen drei Kompetenzbereichen kontinuierlich verbessert haben. Nach wie vor sind dabei aber die Bedeutungen der sozialen Herkunft und eines Migrationshintergrundes für den Kompetenzerwerb überragend. Deutschland ist in diesem Feld zwar nicht mehr Schlusslicht, gehört aber zur Gruppe mit der "roten Laterne".

Was hat zu diesen Verbesserungen geführt?

1. Eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, trotz der widrigen Bedingungen des Bildungsföderalismus. Immerhin haben die Kultusminister der 16 Bundesländer unter dem "Pisa-Schock" 2002 zu einem gemeinsamen Handlungsprogramm gefunden. Und auch die Bundesregierungen haben seitdem aktiv an diesem Bildungskonzept mitgewirkt.

2. Der vorschulische Bereich wurde ausgebaut und gestärkt. Dies kann bisher aber keinerlei Einfluss auf Testergebnisse von Fünfzehnjährigen gehabt haben, da diese Gruppe davon noch nicht erreicht wurde. Aber es macht Hoffnung, dass bei weiteren Pisa-Studien die Ergebnisse noch besser werden.

3. Auch der Ganztagsschulbereich wurde ausgebaut: 2002 besuchten etwa zehn Prozent aller Schüler Ganztagsschulen, 2008 taten dies bereits 24 Prozent. Die wissenschaftliche Begleitung dieses Ausbauprogramms zeigt die positive Wirkung von Ganztagsschulen auf die Schulzufriedenheit bei Schülern, Eltern und Lehrern.

4. Die Begleitung der einzelschulischen Entwicklung durch Schulinspektionen wurde ausgebaut. Dadurch wurden die einzelnen Schulen einfach qualitätsbewusster.

5. Parallelarbeiten in den Jahrgangsstufen einzelner Schulen, Vergleichsarbeiten in den einzelnen Jahrgangsstufen der Grundschule und der Schulen der Sekundarstufe II führten zu bundesweiten Regeln und gleichen Standards.

6. Nicht zuletzt ist bei der Erneuerung der Lehrerkollegien ein deutlicher Wandel zu beobachten. In den Jahren von 2001 bis 2009 wurden insgesamt etwa 235 000 neue, jüngere Lehrerinnen und Lehrer eingestellt.

Allerdings zeigen auch die jüngsten Pisa-Studien noch markante Probleme auf. Dazu mache ich vier Vorschläge:

1. Wir brauchen einen weiteren Ausbau der Sprachförderung, und zwar nicht nur vor der Schule, sondern bis in die Sekundarstufe I hinein.

2. Mehr differenzierte Schulteams mit Schulsozialarbeitern, Psychologen, Freizeitpädagogen zur Sicherung von Teilhabe.

3. Ausbau der Ganztagsschulen und längeres gemeinsames Lernen.

4. Verbesserung der Lehramtsausbildung, insbesondere in der Ausbildung in interkultureller Pädagogik.

Wir dürfen also nicht die Hände in den Schoß legen! Alle politischen Ebenen, in den Kommunen, beim Land und beim Bund, müssen gemeinsam all ihre Kräfte bündeln, um zu einer noch besseren Bildungspolitik zu gelangen.