Vor 50 Jahren ist in Moorrege das Gotteshaus für die Gläubigen der Gemeinde und aus Heist eingeweiht worden

Moorrege/Heist. Ruth Ossenbrüggen kennt ihre Kirche von Anfang an. Am liebsten erinnert sie sich an den 28. April 1961. Damals zog sie mit ihrem Bräutigam Hinrich mit langem Schleier durch das Spalier von Verwandten, Freunden und Nachbarn zur Trauung in die Kirche ein.

Erst wenige Monate vorher war die Kirche eingeweiht worden. Ossenbrüggens gehörten zu den ersten Paaren, die sich in der neuen Kirche trauen ließen. 7000 evangelisch-lutherische Christen gehörten damals zur Gemeinde. In den beiden Orten hatte sich durch die Flüchtlinge die Zahl der Einwohner fast verdoppelt. Vorher gehörte der Bezirk mit zu Uetersen. Es gab allerdings einen kleinen Kirchsaal in Moorrege, der auch heute noch im Pastorat zu erkennen ist.

325 000 Mark hatte das Bauwerk seinerzeit gekostet. Der Kirchenkreis war in der Lage, die Summe allein aufzubringen. "Es ist eine Multifunktionskirche, im Zeitgeist gebaut", sagt Vivienne Reimann-Clausen. Sie lenkt das Leben in der Gemeinde gemeinsam mit ihrer Kollegin Elisabeth Hartenstein. Beide Pastorinnen forschen derzeit intensiv in der Kirchengeschichte, die mit Pastor Klaus Thies, einem fröhlichen und musikalischen Geistlichen, begonnen hatte.

"In unserer Kirche ist zu spüren, dass sie ein heiliger Raum ist. Das spüren auch viele unserer Konfirmanden, wenn wir mit ihnen die Kirche erkunden", erzählt Elisabeth Hartenstein. "Wir hatten schon zu Beginn eine sehr lebendige, junge Gemeinde", hat Pastorin Vivienne Reimann-Clausen herausgefunden. Das fand nicht nur Anklang. Als sich die jungen Leute öffentlich mit dem Roman "Küsschen, Küsschen" von Roald Dahl, der für seinen makabren und dunklen Humor bekannt war, beschäftigen wollten, gab es Ärger mit der Kirchenleitung.

Brautleute lieben den Gang unter dem Glockenturm in die Kirche

Das ist längst Schnee von gestern. Auch die starke Orientierung auf den Pastor als Zentrum der Gemeinde, wie ihn Klaus Thies und Nachfolger lebten, gehört der Vergangenheit an. Derweil gewinnt die jetzt ein halbes Jahrhundert alte Kirche auch außerhalb der beiden Geestgemeinden Freunde. Jüngst heiratete in der Kirche ein Paar aus Wedel, weil die Brautleute gern unter dem Turm mit den läutenden Glocken in die Kirche einziehen wollten.

Auch die Beerdigung aus der Kirche heraus macht Moorrege zu einem besonderen Haus. Gestritten wird von Anfang an über das Backsteinrelief, das den Namensgeber, den heiligen Michael, zeigt. Es stellt den Engelsfürsten als Kämpfer mit dem Schwert gegen das Böse dar. "Das müssen wir schon oft den Besuchern erklären", gesteht Pastorin Reimann-Clausen.

Gemeinsam mit ihrer Kollegin legt sie viel Wert darauf, mögliche Hemmschwellen für den Gang in die Kirche abzubauen. Mit den Kindergartenkindern wird das Gebäude untersucht. "Wir schauen auch, was unter dem Altar zu sehen ist", erzählt die Pastorin Diese Bereiche waren früher tabu für alle.

Stolz sind die Pastorinnen auf den Turm mit seinen mittlerweile vier Glocken. Jede steht für einen besonderen Anlass. Die ersten drei hatte noch Pastor Klaus Thies besorgt. Sie werden einzeln geläutet beim Sterben, bei der Taufe und bei der Trauung. Die vierte, im November 1986 geweihte Glocke ist immer zu hören, wenn das "Vater-Unser" gebetet wird.

War schon der Bau der Kirche an der ehemaligen Schultwiete ein besonderes Ereignis für die Gemeinde, so erregte das Aufstellen des Turms noch mehr Aufmerksamkeit. Das acht Tonnen schwere Stahlgerüst war in Pinneberg bei der Firma Twisselmann gefertigt worden. Zwei Tieflader brachten es in den Ortsteil Heidrege. Zwei riesige Kräne waren nötig, um das 25 Meter hohe Stahlskelett behutsam auf den vier Meter hohen Sockel zu hieven.

Auch Pastor Klaus Thies wird zum Jubiläums-Gottesdienst erwartet

"Mit zwölf kräftigen Bolzen", so erinnert sich Pastor Thies, wurden Turm und Mauerwerk verbunden. Die Pläne für den Kirchbau hatte der Pinneberger Architekt Klaus Groth gezeichnet. Die Kirche bietet Platz für etwa 300 Besucher. Bei besonderen Anlässen reicht die Kirche bis heute kaum aus. Auch beim Jubiläums-Gottesdienst am kommenden Wochenende wird es bestimmt voll werden.

Wenn das Wetter es zulässt, werden ehemalige Pastoren mitfeiern. Ganz besonders freuen sich Kirchenvorstand und die amtierenden Pastoren, wenn auch Klaus Thies dabei ist. Und wer mit ihm ins Gespräch kommt, wird viel erfahren über die Geschichte im Großen und viele kleine Erinnerungen am Rande. Dabei bleibt eins klar, wie Kirchenvorstand Hans-Henning Schwier sagt: "Die Kirche in Moorrege lebt - damals wie heute.