Nach der Operation im Regio-Klinikum Pinneberg wagt das drei Jahre alte russische Mädchen die ersten Schritte

Pinneberg. Anna Yudina, 3, kann jetzt das lernen, was andere Kinder bereits im Alter von etwa einem Jahr machen: Laufen. Bislang verhinderte eine angeborene Spitzfußstellung, dass das Mädchen sich aufrichten konnte. Um dieses Handicap zu beheben, operierte der Kinderorthopäde Markus Stücker die kleine Russin. Die Kosten für die Operation trägt das Regio-Klinikum. Als Geschäftsführer Otto Melchert vom Schicksal des russischen Mädchens erfuhr, sagte er spontan seine Hilfe zu. Auch das zur Klinikgruppe gehörende Sanitätshaus beteiligt sich an der Therapie und stellt sämtliche Hilfsmittel.

"In ihrer Heimat hätte die Kleine keine Chance gehabt und hätte wegen ihrer Körperbehinderung weder Kindergarten noch Schule besuchen können", sagt Gabriele Kascha. Aufwendige medizinische Hilfe können sich in Russland nur reiche Familien leisten. Gabriele Kascha leitet den Verein Selenogradsk, der seit vielen Jahren eine enge Beziehung zum Bezirk im ehemaligen Ostpreußen unterhält. Die Pädagogin, die in der Heidewegschule mit geistig behinderten Kindern in Appen-Etz arbeitet, knüpfte den Kontakt zwischen Mutter und Regio-Klinikum.

Auch Kinderorthopäde Markus Stücker wuchs das Mädchen ans Herz. Er ist sehr zufrieden mit seiner kleinen Patientin. Nach seiner Einschätzung war die Operation die beste Möglichkeit, um dem Kind zu helfen, auf eigenen Beinen zu stehen. Weil Muskeln und Sehnen so stark gespannt waren, musste er während der OP die Achillessehnen durchtrennen und verlängern. Seitdem stehen die Füße im rechten Winkel zum Bein, so wie es normalerweise ist.

Krankengymnastin hilft per Internet bei den Übungen

Damit Annas Füße nicht wieder in die alte Stellung rutschen, sind beide Beine eingegipst worden. "Die erste Nacht nach der OP war für Anna am schlimmsten", erzählt Mutter Marianna. Ihre Tochter habe viel geweint und versucht, die Beine aus der Gipsschale herauszuziehen.

Mittlerweile hat sich das Kind an die Situation gewöhnt. Am Mittwoch wagte sie, gestützt von Kinderärztin Bettina Moser ihre ersten Schritte. Dazu nutzte sie ihren Kinder-Leih-Rolli als Gehstütze. Kurz vorher hatte sie neugierig das jugendlich flotte Modell im Sitzen untersucht und nach wenigen Augenblicken begeistert festgestellt, dass sie sich damit allein bewegen kann.

Kurz nach dem Gehversuch und dank guter Wundheilung durften Mädchen und Mutter das Krankenhaus verlassen. Bis zum 17. Dezember wird die Kleine noch krankengymnastisch von Andrea Timmermann in Tornesch betreut. kurz vor der Rückreise mit der Besuchsgruppe aus Selenogradsk erhält Anna im Sanitätshaus Beinschienen. Die Orthesen werden erneuert, sobald das Kind über sie hinauswächst. Das Klinikum hat zugesichert, die Behandlungskosten dauerhaft zu übernehmen.

Während sich Anna munter zwischen Ärzten, Schwestern und anderen Erwachsenen bewegt, steht die Mutter unter Spannung. "Freuen kann ich mich ganz richtig erst, wenn Anna tatsächlich allein laufen kann", gesteht Marianna Yudina. Jetzt sehnt sie sich nach Hause zum Ehemann. Bis dahin wird sie viel mit ihrer Tochter üben. Denn in Russland muss sie dieses Training allein übernehmen - unterstützt via Internet von der deutschen Krankengymnastin.