Bürgermeister verlangen mehr Ausgleichszahlungen für Aufgaben, über die Kiel oder Berlin entschieden haben

Kreis Pinneberg. Wenn sich in diesen Wochen die Kommunalpolitiker im Kreis Pinneberg mit den Haushalten fürs nächste Jahr beschäftigen, haben sie schwere Altlasten mit sich herumzuschleppen: die Schulden der vergangenen Jahre. Vielen Städten und Gemeinden bleibt kaum Luft zum Atmen, kaum Spielraum für freiwillige Leistungen wie Zuschüsse für Vereine, Kultur, Soziales. Bei vielen Bürgermeistern wird der Unmut über mangelnde Unterstützung des Landes immer größer. Wedels Bürgermeister Niels Schmidt schließt eine Klage nicht mehr aus.

"In Nordrhein-Westfalen hat das Landesverfassungsgericht das Bundesland dazu verurteilt, den Kommunen den Ausbau von Kindertagesstätten zu erstatten. Das könnte ein Ansatz in Schleswig-Holstein sein", sagt Schmidt. Kern der Argumentation ist der Konnexitätsgrundsatz. Es bedeutet simpel formuliert: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen. Wenn also Land und Bund neue Aufgaben für die Kommunen beschließen, müssten sie dafür aufkommen. Schmidt: "Wenn eine Verschuldungsbremse für Kommunen gefordert wird, kann ich nur lachen. Das Land sollte lieber die Gesetzgebung anhalten, durch die wir immer mehr Aufgaben aufgedrückt bekommen."

Für die Stadt Wedel sieht Schmidt trotz des geplanten Rekordschuldenstandes von 48,8 Millionen Euro Ende 2011 keine Not. Denn die Schulden entstanden nicht durch Konsum, sondern durch hohe Investitionen insbesondere in den Bau von Schulen und Kindertagesstätten. Gewachsen ist die Transparenz, wie denn die Stadt Wedel wirklich finanziell dasteht. Denn durch die anstehende Umstellung des kameralistischen auf einen doppischen Haushalt wird den Schulden auch das Vermögen der Stadt gegenübergestellt.

Darauf verweist auch Halstenbeks Bürgermeisterin Linda Hoss-Rickmann. "Allen Krediten stehen Investitionen gegenüber." Die doppische Eröffnungsbilanz werde positiv, weil Halstenbek über erhebliche Werte wie beispielsweise Immobilien, den Krupunder See und die Gemeindewerke verfüge. Die drei Millionen Euro Einnahmen aus der Gewerbesteuer erachtet die Bürgermeisterin als zu gering und erhofft sich durch die Erweiterung des Gewerbegebietes eine Verbesserung. Auf das Land ist auch sie nicht gut zu sprechen: "Den Kommunen fehlen 600 Millionen Euro, weil ihnen seit 2006 im Rahmen des Finanzausgleiches jährlich 120 Millionen Euro entzogen werden".

In Pinneberg müssen sich die Verantwortlichen seit Langem mit dem Status als wirtschaftliches Schlusslicht der Mittelstädte beschäftigen. Bürgermeisterin Kristin Alheit (SPD) weiß, dass ihre Stadt "weit unter dem Landesschnitt und weit unter unseren Möglichkeiten" liegt. Um die Einnahmen zu erhöhen, müssen nach ihrer Ansicht neue Gewerbegebiete entwickelt werden. Die Ausgaben zu kürzen, hält sie kaum noch für möglich. Bei Schulen und Kindergärten könne niemand ein Nichtstun verantworten.

Elmshorn liegt, was die Höhe der Schulden betrifft, deutlich an der Spitze aller Städte des Kreises. Stadtkämmerin Gabriele Wiese weist allerdings darauf hin, dass Elmshorn im Gegensatz zu anderen Städten seine Kommunalbetriebe nicht ausgegliedert hat. So wurden bei der Stadtentwässerung viel investiert, das langfristig durch Gebühreneinnahmen gedeckt ist. Allein 25 Millionen Euro der Schuldenlast sind der Stadtentwässerung zuzuordnen. Der erhebliche Anstieg der Kreditlast in 2010 und 2011 ist zwei Großprojekten geschuldet: Hafenspange und Gesamtschul-Neubau.

In Tornesch haben sich nach der Aufregung im Jahr 2009, als die Ausgaben nicht mehr durch die Einnahmen zu decken waren, die Wogen geglättet. Im internationalen Krisenjahr hätten auch Tornescher Betriebe ihre Vorauszahlungen für die Gewerbesteuer gesenkt, erklärt Bürgermeister Roland Krügel (CDU). Er betont: "Mit dem Haushalt 2011 haben wir das Defizit ausgeglichen. Wir tilgen planmäßig."

In Uetersen , wo wie in Pinneberg mit hohen Schulden und Kassenkrediten gearbeitet wird, sagt Bürgermeisterin Andrea Hansen: "Land und Bund dürfen nicht weiterhin ihre Schulden einfach nach unten durchreichen. Kaputtgesparte Städte können sich die Bürger nicht leisten, denn sie erwarten gute Kitas, Schulen, Straßen. Kosten sinken, wenn Kommunen und Kreise noch besser zusammenarbeiten. Das beste Mittel gegen Kredite sind Kontoeingänge durch Wirtschaftswachstum."

Christiane Küchenhof (SPD), Bürgermeisterin von Schenefeld : "Der Schuldenstand von 5,5 Millionen Euro wird jährlich um 300 000 Euro abgebaut, mittelfristig ist keine Neuverschuldung vorgesehen.

In Rellingen entfielen 80 Prozent der Kredite auf Maßnahmen, die auch durch das Land bezuschusst werden. Bürgermeisterin Anja Radtke: "In 2010 hat die Gemeinde für den Grunderwerb ,Junges Wohnen' einen Kredit in Höhe von 1,24 Millionen Euro aufgenommen. Sie werden bis 2013 durch Erlöse aus dem Grundstücksverkauf getilgt."

Quickborns Bürgermeister Thomas Köppl: "Quickborn investiert geplant in schulische Infrastruktur und baut dadurch geplant eine Verschuldung auf. Die Verschuldung wird ebenso geplant wieder abgebaut."