Viele Vereine - wie der TSV Wedel - bieten Herzsportgruppen an, die von Kardiologen begleitet werden

Kreis Pinneberg. Sport und Bewegung - die Bedeutung der gesunden Aktivitäten für Herzpatienten kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Deshalb nimmt dieses Thema in der Initiative "Herzbewusst" des Wedeler Pharmaunternehmens AstraZeneca und des Bundesverbandes Niedergelassener Kardiologen einen großen Raum ein. Im Kreis Pinneberg bieten Vereine und andere Institutionen zahlreiche Fitness-Möglichkeiten für Menschen mit Herzkrankheiten.

Die Gruppen werden je nach Leistungsvermögen eingeteilt

Beim Wedeler TSV beispielsweise hält Übungsleiterin Katja Kleinwort jeden Montag die überwiegend männlichen Herz-Sportler auf Trab. Deren Historie ähnelt sich. Nach Infarkt oder anderen "Warnschüssen" wird den Patienten nach Aufenthalt in einer Reha-Einrichtung nahe gelegt, sich weiter sportlich zu betätigen. "Je nach Leistungsvermögen schließen sich die Patienten dann Übungs- oder Sportgruppen an", sagte Dr. Ella Lioznova, eine von vier Ärzten, die die Übungsabende begleitet, um eingreifen zu können, falls es einem Sportler nicht gut geht.

Mancher Teilnehmer wusste nicht, wo er überall Muskeln hat

Während in der Übungsgruppe nur leichtere, weniger anstrengende Aktivitäten entfaltet werden, geht es in der Trainingsgruppe von Katja Kleinwort schon so kräftig zur Sache, dass die Teilnehmer auch schon mal ins Schwitzen kommen. Nach Aufwärmrunden zu Fuß werden rund eine halbe Stunde lang Dehn- und Stärkungsübungen absolviert. Da werden Holzstöcke im Mini-Besenstiel-Format gedreht, gedrückt, gezerrt und geschwenkt. Bei Partnerübungen knallen die Stöcke aufeinander wie in Robin-Hood-Filmen. Die Bewegungsabläufe sind so einfach gehalten, dass jedermann sie auch zu Hause wiederholen kann.

Und die Patienten sind zufrieden. Hans Meyer erlitt 1994 einen Infarkt: "Ich komme seitdem regelmäßig. Es macht Spaß, und zwischenmenschlich stimmt es in der Gruppe." Hans-Günther Werner nutzt die Gruppe nach einem leichten Infarkt für Stressabbau und Stärkung: "Das tut mir gut. Vorher wusste ich gar nicht, wo ich überall Muskeln habe." Hermann Claasen ist mit 83 Jahren der Senior der Gruppe: "Und der Dienstältestete, weil ich bereits seit der Gründung 1975 mitmache." Wolfgang Schröder erhielt eine neue Herzklappe: "Durch die Übungen fühle ich mich sicherer."

Die Sicherheit im Umgang mit dem eigenen Körper wiedergewinnen - das sieht Dr. Ella Lioznova als Ziel an. "Ihre Krankheit ist für die Patienten oft ein Schock. Das komplette Leben muss umgestellt werden. Da entwickeln viele eine Angst vor dem Alltag", sagte sie. Sie seien unsicher, wie der Körper reagiert, wie stark man ihn belasten darf. Schritt für Schritt werden diese Ängste beim Training in der Gruppe abgebaut - dass immer ein Kardiologe oder eine Kardiologin für Notfälle parat stehen, beruhigt ungemein. Dr. Lioznova: "Fitness und positive Gedanken wachsen. Nicht nur dem Körper, sondern auch der Seele tut die Gruppe gut."

Nach den Übungen in der Halle teilt sich die Gruppe auf. Wer sich gut fühlt, nimmt leichtes Lauftraining auf. Dabei sind Streckenlängen abhängig von der Schwere des Herzleidens.

Auch im Alltag sollte Bewegung selbstverständlich sein

Wohl alle Gruppenmitglieder haben verinnerlicht, was auch jenen gut tut, die (noch) keine Probleme haben: Schon im Alltag sollte mehr Bewegung selbstverständlich sein. Bereits spazieren gehen und Stufen steigen ist ein Anfang. Die Ärztin hat einen Wunsch: "Schon Kindern sollte Lust an der Bewegung vermittelt werden - täglich Sport in der Schule wäre schön, und zwar ohne Noten." Wer als Kind inaktiv sei, werde im Alter immer schwerer zu motivieren sein. Die Medizinerin brachte es auf den Punkt: "Nur wenn man sich bewegt, bewegt sich etwas."

In der Sonnabend-Folge der Herz-Serie steht das Thema "Ernährung" im Mittelpunkt.