Bönningstedter ist wegen Hehlerei und Betruges in großem Stil angeklagt. Gericht stellt milde Strafe in Aussicht

Bönningstedt/Hasloh. Ist Siegfried B. aus Bönningstedt der Kopf einer Bande von Autodieben oder nur ein kleines kriminelles Licht? Diese Frage blieb am ersten Prozesstag vor dem Landgericht Itzehoe offen. Sicher ist jedoch, dass der 47-Jährige und sein Verteidiger gute Pokerspieler sind: Nach stundenlangen, nicht öffentlichen Verhandlungen einigten sich Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung darauf, dass dem Angeklagten für ein umfassendes Geständnis eine milde Strafe in Aussicht gestellt wird.

Hehlerei und Betrug in einer Vielzahl von Fällen warf Staatsanwalt Christian Irmer-Tiedt dem Bönningstedter vor. In den drei Anklageschriften sind 33 Fahrzeuge der Marken VW und Audi aufgeführt. Sie wurden zwischen 2006 und 2009 - überwiegend in Hamburg - entwendet, gingen dann in den Besitz von Siegfried B. über und wurden von diesem regelrecht ausgeschlachtet. Mehr als 300 Fahrzeugteile stellten die Ermittler in zwei Hallen, die der 47-Jährige an der Kieler Straße in Quickborn sowie am Klövensteen in Hasloh betrieben hatte, sicher. Sie lagern zurzeit in einer extra von den Behörden angemieteten Lagerhalle, ihr Ort wird geheim gehalten.

Die Anklageschrift umfasst nicht nur die Fahrzeuge, die Daten ihrer letzten Besitzer sowie die Zeit des Diebstahls. Jedes sichergestellte Teil ist aufgeführt - meist mit Produktionsdatum und Typbezeichnung. Mehr als 30 Minuten benötigte Irmer-Tiedt, um die Anklage vorzulesen. Er hielt dem Angeklagten vor, gewerbsmäßig gehandelt und die Fahrzeuge im Wissen, dass sie gestohlen waren, angekauft und zerlegt zu haben. Irmer-Tiedt: "Sie wollten sich eine fortlaufende und umfangreiche Einnahmequelle verschaffen."

Über das Internetauktionshaus Ebay wurden die Fahrzeugteile verkauft

Unmittelbar nach der Festnahme von Siegfried B. und vier möglicher Komplizen im Alter zwischen 23 und 40 Jahren ging die Staatsanwaltschaft davon aus, dass die Bande durch den Weiterverkauf der Fahrzeugteile - zumeist über das Internetauktionshaus Ebay - einen Schaden von 650 000 Euro angerichtet hat. Davon ist jetzt keine Rede mehr: Lediglich acht Verkäufe von Teilen über das Internet sind in die Anklageschrift gegen Siegfried B. eingeflossen. Gegen seine Mittäter, die aus Norderstedt beziehungsweise Kaltenkirchen stammen und die für den Diebstahl der Fahrzeuge - überwiegend VW T 4 - verantwortlich sein sollen, wurde bislang noch keine Anklagen erhoben. Die Männer sollen auch kaum verwertbare Aussagen gemacht haben.

Dass die Beweislage nicht so einfach ist und dem Gericht eine äußerst langwierige Beweisaufnahme drohen würde, wusste offenbar auch der Angeklagte. Er ließ gleich nach Verlesung der Anklageschrift über seinen Verteidiger Ulf-Diehl Dreßler erklären, zum jetzigen Zeitpunkt keine Aussage machen zu wollen. Das änderte sich nach mehr als zweieinhalbstündigen, nicht öffentlichen Rechtsgesprächen. Da kündigte Verteidiger Dreßler an, sein Mandant werde ein umfassendes Geständnis ablegen. Weil dieses die Beweisaufnahme erheblich verkürzen wird, hat die Kammer Siegfried B. eine Strafobergrenze von zwei Jahren und neun Monaten Haft zugebilligt. Zudem wird das Verfahren, was einen kleineren Teil der angeklagten Taten betrifft, vorläufig eingestellt. Und: Die Höhe der sogenannten Gewinnabschöpfung wird maximal 50 000 Euro betragen. Für diese Summe, die Siegfried B. mit seinen illegalen Machenschaften erlangt haben soll, müsste er finanziell gerade stehen.

Nächster und vermutlich letzter Prozesstag ist der 17. November

Das Verfahren vor der Ersten Großen Strafkammer des Landgerichts Itzehoe wird am Mittwoch, 17. November, fortgesetzt. Dann will sich der Angeklagte in einer schriftlichen Stellungnahme zu den Vorwürfen einlassen. Auch soll ein Mitglied der polizeilichen Ermittlungsgruppe, die damals extra zur Aufklärung der vielen gleichartigen Autodiebstähle gebildet wurde, vernommen werden. Aufgrund der getroffenen prozessualen Absprache dürfte der Prozess an diesem Tag auch beendet werden.