Modellprojekt für Kinder, die in Familien mit psychisch belasteten Eltern aufwachsen. Akuter Notfall in Wedel, Elmshorner Verein koordiniert Hilfen

Kreis Pinneberg. Der kleine Junge freut sich schon Tage vorher auf den Mittwochnachmittag. "Dann gehe ich immer zu Oma", erzählt der Achtjährige strahlend. Er hat dort auch schon geschlafen, einmal sogar über mehrere Wochen.

Was so normal klingt, ist es in Wirklichkeit gar nicht. Denn die Frau ist gar nicht die echte Großmutter des Jungen. Vielmehr hat sie freiwillig die Rolle übernommen. Sie stützt damit die Mutter, die vor zwei Jahren nach dem Tod ihres ältesten Sohns und der folgenden Scheidung seelisch ins Straucheln geraten und nach Elmshorn gezogen war.

"Das ist so eine liebe Frau. Für uns ist sie ein reiner Glücksfall", berichtet die Mutter. Dank dieser Unterstützung und einer erfolgreichen Trauertherapie hat sie sich wieder gefestigt. Die Beziehung zur "Omi" wird trotzdem weiter aufrechterhalten, zumal die Mutter als Altenpflegerin auch Sonderschichten leisten muss.

Die Wahl-Großmutter genießt gegenüber den weit entfernt lebenden Verwandten noch einen weiteren Vorteil: Die Schule des Jungen liegt genau zwischen dem Haus der Mutter und der Lieblings-Omi. Klar, dass alle Geburtstage gemeinsam gefeiert werden.

Den Kontakt zwischen Mutter, Kind und "Omi" haben die Mitarbeiterinnen der "Brücke Elmshorn" geknüpft, dem Verein, der Menschen mit psychischen Handicaps unterstützt. Unter dem Titel Regenbogen-Patenschaften hatten Angela Hildebrandt-Wehrmann und Anne Gödecke das Modellprojekt 2008 gestartet.

Nicht überall läuft die Beziehung so intensiv wie bei der Betreuung des Achtjährigen. "Wir erwarten einen verlässlichen Kontakt in jeder Woche", sagt Angela Hildebrandt-Wehrmann. Wünschenswert, aber keine Voraussetzung sind eine monatliche Übernachtung und die Aufnahme des Kindes in Krisenzeiten der Eltern.

"Eine Patenschaft soll dort ansetzen, wo ein soziales Netz im eigenen Umfeld fehlt", sagt Projekt-Mitarbeiterin Anne Gödecke. Grundsätzlich könne jeder eine Patenschaft übernehmen. Einzige Voraussetzung sei, dass die- beziehungsweise derjenige über "Erfahrungen mit Kindern" verfügt.

Spontan hatte sich beispielsweise eine 51 Jahre alte pharmazeutisch-technische Angestellte gemeldet. Sie hatte selbst einmal aufgrund einer Erkrankung Hilfe benötigt. Sie bekam diese Unterstützung aus der Familie und von Freunden. Jetzt geht es ihr gut und ihre Söhne, 17 und 20, sind aus dem Gröbsten raus. "Ich wollte etwas von dem, das ich bekommen habe, zurückgeben", erzählt die Frau. Sie fühlt sich wie eine ältere Freundin der Familie. Elf Jahre alt war das Mädchen, als es Weihnachten 2008 erstmals Kontakt aufnahm. Jetzt joggen die Beiden zusammen, pflücken Fliederbeeren oder kochen Marmelade.

64 Jahre alt ist eine andere Patin. Sie wollte nach Ende ihrer Arbeitszeit als Steuerberaterin "etwas ganz anderes machen". Da die Partnerschaft ihres Sohnes kinderlos blieb, hat sie genug Zeit, um sich um ihr Patenkind zu kümmern. Es wird gebastelt, gewandert oder ein Ausflug unternommen. "In der Krise der Mutter hat die Patin das Mädchen erheblich stabilisieren können", erzählt Angela Hildebrand-Wehrmann.

Sieben Erwachsene stehen derzeit als Paten zur Verfügung. Alle haben vorweg eine kleine Schulung erhalten. Regelmäßig laden die Mitarbeiter der "Brücke" zu Patenschaftstreffen ein, um Erfahrungen auszutauschen. Auch beim ersten Zusammentreffen sind die Hauptamtlichen dabei.

Doch der Bedarf ist größer als es die Gruppe der Paten ist. Trotzdem sollten sich kreisweit auch Familien melden, die Hilfe für ihre Kinder benötigen. Akut sucht eine Wedelerin mit zwei Kindern, fünf und acht Jahre alt, Hilfe.

Kontakt: Angela Hildebrandt-Wehrmann und Anne Gödecke, Brückenhof Neue Straße, 25335 Elmshorn, Telefon 04121/29 10 78 40