Valerie Wilms (Grüne) verweist auf neue Studie. Nahverkehrsexperte Lamla skeptisch

Helgoland/Wedel. Die ganzjährige Verkehrsanbindung Helgolands an das Festland ist seit Langem ein Streitpunkt zwischen der Insel und dem Kreis Pinneberg. Das Problem brennt den Insulanern auf den Nägeln, da bislang nur die Reederei Eils im Winter aufgrund einer vertraglichen Regelung den roten Felsen anläuft. Zumindest in den nächsten beiden Wintern ist der Schiffsverkehr von und nach Helgoland gesichert. Dazu gibt es laut Bürgermeister Frank Botter noch eine Option für die darauffolgenden zwei Jahre. Für diesen "Nabel" zum Festland zahlt Helgoland viel Geld.

Nun macht die Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms (Grüne) aus Wedel den Insulanern Hoffnung im Poker um die Zuständigkeit für Schiffsverkehr. Sie hat die Frage, ob die Verbindung nach Helgoland zum öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) gehört und damit bezuschussungsfähig ist, vom wissenschaftlichen Dienst des Bundestages untersuchen lassen. Ergebnis: Sie ist sehr wohl Sache des ÖPNV.

"Die Studie des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages zeigt klar, dass keine Gesetzesänderung notwendig ist, sondern der Ball bei der Landesregierung liegt. Bisher wurde oft argumentiert, die Mittel für den Personennahverkehr dürften für den Schiffsverkehr nach Helgoland nicht genutzt werden, weil dies aufgrund der Entfernung durch ein Bundesgesetz untersagt wäre. Das ist jetzt durch die Studie widerlegt: Was Nahverkehr ist, bestimmen die Länder selbst", sagt Wilms. Bislang erhalten Schleswig-Holstein 3,11 Prozent und Niedersachsen 8,59 Prozent aus dem Milliardentopf des Bundes für den öffentlichen Nahverkehr.

Die Landesregierung sei eindeutig in der Pflicht, meint Wilms, die langfristig gesicherte und ganzjährige Anbindung von Helgoland zu gewährleisten. Man sollte jetzt zügig Gespräche mit Hamburg und Niedersachsen aufnehmen, empfiehlt Wilms, und zu einer Einigung kommen. Auch Hamburg und Niedersachsen profitierten vom ständigen Verkehr zur Insel und sollten sich deswegen an den Kosten beteiligen. "Es ist für mich nicht akzeptabel, die Menschen auf Helgoland allein zu lassen", sagt Wilms. "Wir alle haben die Pflicht, überall in unserem Land gleichwertige Lebensverhältnisse sicher zu stellen. Eine Grundvoraussetzung ist hierfür ein zuverlässiger Schiffsverkehr zur Insel zu jeder Jahreszeit."

Hintergrund der bisherigen Nichtberücksichtigung Helgolands bei der Verteilung von bundesweit rund 6,7 Milliarden Euro für den öffentlichen Nahverkehr dem sogenannten Regionalisierungsgesetz (RegG) gemäß ist bislang, dass nur Beförderungen mit einer gesamten Reiseweite von 50 Kilometern oder einer gesamten Reisezeit von einer Stunde als ÖPNV gelten und damit Mittel über das RegG erhalten dürfen. Die Fahrzeiten der Schiffe von und nach Helgoland von Cuxhaven belaufen sich aber auf 130 Minuten bei einem Seebäderschiff und auf 75 Minuten beim Katamaran.

In der Studie des wissenschaftlichen Dienstes wird auch auf eine EU-Verordnung Bezug genommen, die den "Stadt-, Vorort- und Regionalverkehr" nicht auf eine Reiseweite von 50 Kilometer oder einer Reisezeit von einer Stunde begrenzt, sondern vielmehr feststellt, dass "die Einbeziehung von Verkehrsdiensten auf dem Meer innerhalb der Hoheitsgewässer in weiter gefasste Stadt-, Vorort- oder Regionalnetze des öffentlichen Personenverkehrs" nicht entgegen stehe.

Bislang betrage der Zuschuss zum Winterseeverkehr aktuell pro Jahr 150 000 Euro und werde von der Gemeinde Helgoland gezahlt, so die Studie. Der Kreis Pinneberg habe sich im Jahre 2007 einmalig zu 50 Prozent an den damaligen Kosten von 100 000 Euro mit 50 000 Euro beteiligt.

Jürgen Lamla, Nahverkehrsbeauftragter des Kreises Pinneberg, sieht Wilms und den wissenschaftlichen Dienst des Bundestages auf dem falschen Dampfer nach Helgoland. Zum einen gebe es ein rechtskräftiges Urteil des Verwaltungsgerichtes Schleswig, in dem eindeutig stehe, dass es sich bei der Verbindung nach Helgoland nicht um ÖPNV handele. Zum anderen sei eine Form des zuwendungsfähigen Verkehrs von der Bezuschussung nicht zuletzt aufgrund von rechtlichen Freiräumen und fehlendem Wettbewerb ausgenommen: "Das ist die Hochseeschifffahrt."