Jüdische Gemeinde eröffnet eigenständiges Zentrum, das zur Begegnungsstätte im Stadtteil werden soll

Pinneberg. Sie haben ihr Ziel erreicht! Die Mitglieder der Jüdischen Gemeinde in Pinneberg und zahlreiche Gäste, darunter Kultusminister Ekkehard Klug (FDP), vollzogen gestern den Umzug in ihr neues Domizil am Clara-Bartram-Weg 14. Damit ist acht Jahre nach Gründung der Gemeinde der lang gehegte Wunsch in Erfüllung gegangen, ein eigenes Zentrum zur dauerhaften Nutzung für die Religionsausübung zu beziehen.

Auch wenn die Jüdische Gemeinde in Pinneberg nur etwa 250 Mitglieder zählt, so kommt der Eröffnung des Zentrums eine große Bedeutung zu. Sichtbar wurde dies beim feierlichen Umzug durch die Stadt zur Einbringung der Tora-Rolle in die Synagoge. Landesrabbiner Walter Rothschild und Kantor Didij Podszus begleiteten die Einweihungszeremonie mit Gebeten und gesungenen Psalmen.

Kultusminister, Bürgervorsteherin und Bürgermeisterin gehen den Weg mit

Die Eröffnung der Synagoge, an der auch Bürgervorsteherin Natalina Boenigk (CDU), Bürgermeisterin Kristin Alheit (SPD) und weitere Politiker teilnahmen, bedeutet für den Vorsitzenden der Jüdischen Gemeinde, Wolfgang Seibert, das Ende eines langen Wegs. Vor acht Jahren gab es zunächst eine Unterkunft in Räumen der evangelischen Kirche an der Bahnhofstraße. Es folgte eine Stippvisite auf dem Ilo-Gelände an der Mühlenau sowie in den vergangenen vier Jahren das Domizil in einer Villa an der Oeltingsallee.

Die Pinneberger bilden die größte liberal-jüdische Gemeinde in Schleswig-Holstein. In Elmhorn gibt es eine kleine Gemeinschaft mit 50 Mitgliedern. Wolfgang Seibert, der zunächst zu einer Gruppe von knapp 20 jüdischgläubigen Menschen stieß, die in einem Kellerraum an der Bahnhofstraße zum Beten zusammenkamen, hat maßgeblich die Entwicklung der Gemeinde geprägt. "Eigentlich war es mir zunächst nur zu weit, zu den Gottesdiensten nach Bad Segeberg zu reisen", sagt der Gemeindevorsitzende, der zu den Glaubensbrüdern in Hamburg nicht den rechten Zugang fand.

Dass sein Engagement in der Kreisstadt auf fruchtbaren Boden stieß, zeigt sich nicht nur an den Mitgliedszahlen. Bei Treffen der Gläubigen, Andachten und Festen, aber auch während der Renovierung des neuen Gemeindezentrums gibt es immer ein buntes Durcheinander an Sprachen und Nationalitäten. 70 Prozent der Gläubigen stammen aus russischsprachigen Ländern der früheren Sowjet-Union. "Ich kann sogar schon ein bisschen Russisch", sagt Seibert, der im Wechsel mit zwei anderen Predigern die meisten Gottesdienste gestaltet. Gepredigt wird auf Deutsch, die mitreißenden, oft fröhlichen Lieder werden in hebräischer Sprache gesungen. Dem Gottesdienst schließt sich ein Kiddush an, das gemeinsame Essen der Gläubigen. Mehr als drei Andachten im Monat sind wegen Personalmangels nicht möglich, obwohl jeder erwachsene Jude predigen darf. Einen eigenen Rabbiner kann sich die Gemeinde nicht leisten. "Der wird bezahlt wie ein Studiendirektor", sagt Seibert, "dafür reicht unser Geld nicht."

Israelische Studenten schließen sich gern der Pinneberger Gemeinde an

Zur Gemeinde gehören auch israelische Studenten, die in Hamburg lernen, sowie Gäste aus Frankreich und aus den USA. Auch höhere Offiziers-Dienstgrade der israelischen Armee sind oft mehrere Monate lang dabei, während sie an der Führungsakademie der Bundeswehr ihre militärische Ausbildung vervollkommnen.

Das Gemeindezentrum wird aber nicht nur Gottesdiensten dienen. Hinzu kommt die Aufgabe, in der früheren Sozialstation des Roten Kreuzes einen Treffpunkt für die älteren Anwohner der Umgebung zu schaffen - so ist es mit der Stadt vereinbart. Geplant ist ferner eine Bibliothek mit deutscher und russischer Literatur. Es gibt bereits Sprachkurse für die bessere Integration der russischsprachigen Gläubigen.