Die Direktwahl eines Solokandidaten kostet ihrer Ansicht nach viel zuviel Geld

Rellingen. War das die letzte Bürgermeister-Direktwahl mit nur einer Bewerbung in Rellingen und bald auch im übrigen Schleswig-Holstein? Nachdem Solo-Kandidatin Anja Radtke (parteilos) - wie im Abendblatt berichtet - mit 92,88 Prozent der Stimmen zur neuen Bürgermeisterin Rellingens gewählt wurde, kündigte sie noch am Sonntagabend an, einen Erfahrungsbericht an das Kieler Innenministerium senden zu wollen.

Rund 20 000 Euro hat die Wahl die Gemeinde gekostet

Dabei geht es nicht darum, dem Innenminister Tipps zu geben, wie man mehr als 90 Prozent Ja-Stimmen bekommt. Ziel des Vorstoßes soll es sein, Überlegungen für eine Änderung er Gemeindeordnung auf den Weg zu bringen. Denn von den 11 524 Wahlberechtigten in Rellingen gingen nur 23,90 Prozent wählen. Was vor allem daran lag, dass es nur eine Kandidatin gab, die zudem noch von allen Fraktionen zu Wahl empfohlen worden war. Der Vorschlag aus Rellingen - mit Zustimmung des Hauptausschusses - könnte lauten: Bei nur einem Kandidaten wählt die Gemeindevertretung den Bürgermeister. Innenminister Klaus Schlie ist allerdings dagegen.

Immerhin hat die Direktwahl wie sie seit 1997 vorgeschrieben ist, die Gemeinde diesmal rund 20 000 Euro gekostet.

Wie bei einer Solo-Kandidatur nicht anders zu erwarten, war auch das Interesse am Wahlausgang, der ja abgesehen von der Stimmenzahl schon feststand, gering. Nur etwa 60 Bürger, unter Ihnen wiederum zahlreiche Politiker und Verwaltungsmitarbeiter, waren ins Rathaus gekommen, um den Eingang der Ergebnisse aus den sieben Stimmbezirken zu verfolgen. Wobei sich zum Auftakt die meisten Gäste auf den Balkon des Rathauses flüchteten, denn im Ratssaal herrschten Sauna-Temperaturen wie im ICE beim Ausfall der Klima-Anlage.

Erste Beamtin wird nun die erste Bürgermeisterin

Als dann um 18.26 Uhr der letzte Wahlbezirk ausgezählt war und Gemeindewahlleiterin Dagmar Schudak vier Minuten später das Ergebnis bekannt gab, wich doch sichtlich die Anspannung aus den Gesichtern von Anja Radtke und Ehemann Thomas. "Ich freue mich riesig, dass 92,88 Prozent der Wähler mir das Vertrauen ausgesprochen haben", sagte die Kandidatin, "das ist super!" Sogar der Wahlbeteiligung gewann Anja Radtke noch etwas Gutes ab. Zwar hatte sie die einst angepeilten "30 Prozent plus" nicht erreicht. Doch das Ergebnis lag noch ein bisschen besser als bei Joachim Diercks, der 2002 ohne Gegner angetreten war. Die Bürgermeisterin in spe sprach vom "Respekt vor der Verantwortung" im neuen Amt. Anja Radtke wies aber auch selbstbewusst darauf hin, dass sie einst als erste Beamtin im Rathaus angefangen hatte und nun erste Bürgermeisterin der Gemeinde wird.

Das fand auch Albert Hatje gut. "Erstmals wird eine Kandidatin vom Partner gedrückt, sonst war es immer umgekehrt", scherzte der Bürgervorsteher. Zu den Gratulanten gehörten auch drei Alt-Bürgermeister: Amtsvorgänger Oliver Stolz, der jetzt Landrat ist, sowie die Pensionäre Erhard Helms und Joachim Diercks.

Ihr Amt wird Anja Radtke - nach der Vereidigung am 20. September vor der Gemeindevertretung - entweder am 21. September oder am 1. Oktober antreten. Der Termin wird in Abstimmung mit den Fraktionen festgelegt. Die Amtszeit beträgt sechs Jahre.