Ausflugstipp für das Holsteiner Auenland. Das Gebiet ist mit seinen annähernd 250 Kilometern Wasserwegen ein ideales Paddelland

Das Leben ist ein langer, ruhiger Fluss. Der allerdings just in diesem Moment kräftig Fahrt aufnimmt. Kaum, dass wir an der Einsetzstelle hinter dem Schloss von Bad Bramstedt die Tages-Tour begonnen haben, muss unsere vierköpfige Bootsmannschaft ihre nasse Feuertaufe bestehen. Wo sich Hudau und Osterau zum Fluss Bramau vereinen, rauscht das Wasser munter dahin. Wir durchfahren die kleinen Strudel zwischen den Steinen - plötzlich ein Ruck. Einen Augenblick lang sitzen wir fest, das Wasser rauscht gegen die Bootswand, das Kanu wackelt, dann sind wir durch.

Vor uns liegen 15 Kilometer Kanutour bis nach Wittenbergen an der Stör. Der Name ist Programm: Das Holsteiner Auenland ist mit seinen annähernd 250 Kilometern Wasserwegen ideales Paddelland.

Die Bramau-Tour ist gerade auch für Anfänger und Familien mit Kindern geeignet. Daniel, der im Bug des Bootes sitzt und unser Navigator ist, gesteht nach dem Durchfahren der ersten "Stromschnelle": "Papa, ein bisschen Angst hatte ich." Aber schon, als wir das nächste verfallene Wehr passieren, legt sich der Achtjährige gekonnt etwas nach hinten und genießt jauchzend dieses kleine Abenteuer.

Natürlich trägt der Jung-Paddler wie sein Zwillingsbruder Luca eine Schwimmweste. Zum Mietangebot von "Rolandkanu" in Bad Bramstedt gehören außer dem Kanadier für drei oder vier Personen natürlich auch Schwimmwesten für Kinder und eine wasserdichte Tonne für Gepäck. Besonders toll ist, dass die Kanuverleiher um Bernd Mordhorst und Stephan Voß das Boot zur gewünschten Einsatzstelle bringen, und die Kanuten später vom Endpunkt wieder abholen.

Nachdem wir uns buchstäblich zurecht geruckelt haben, tauchen wir ein in die faszinierende Welt der Flusslandschaft. Die Hektik des Alltags bleibt zurück, wir nehmen den ruhigen Rhythmus der Strömung auf. Immer wieder lassen wir uns einfach mit der Bramau treiben, ums uns herum nur "Bio-Lärm".

Zwischen Hitzhusen und Föhrden-Barl sitzen viele Störche auf ihren Horsten

Schier unzählige blaue Libellen jagen über die Wasseroberfläche. "Schaut mal, ein Storch, und noch einer!" Begeistert zeigen die Kinder auf die zahlreichen Weißstörche die zwischen Hitzhusen und Föhrden-Barl auf Horsten und Masten sitzen oder auch auf Nahrungssuche am Ufer stehen. Die Bramau ist auf den ersten Kilometern ein tiefeingeschnittener Wiesenfluss. Am dicht bewachsenen Ufer blühen bunte Wildblumen und Kräuter. Uferbäume beschatten das Wasser.

Nachdem wir die letzten Gebäude Hitzhusens hinter uns gelassen haben, scheinen wir alleine auf der Welt zu sein. Einzig ein paar Rotbunte glotzen uns von den Uferwiesen an.

Nach knapp vier Kilometern wartet noch eine Herausforderung auf uns. Zwischen den mächtigen Pfeilern einer einstigen Brücke muss ein weiteres ehemaliges Wehr überfahren werden. "Hier kann man schon mal kentern, wenn man ungeübt ist", heißt es in einer Tourenbeschreibung. Uns kann das Hindernis nicht mehr schrecken. Mit kräftigem Paddelschlag holen wir Schwung, Steuermann Michael hält uns sicher auf Kurs, und wir rutschen über die Steinkante hinweg. Wie überhaupt im Sommer bei niedrigem Wasserstand bisweilen Steine und Kiesbänke umfahren werden müssen. Kanuexperten sprechen von "typischen Kleinflusshindernissen". Wer das erste Mal überhaupt in ein Paddelboot steigt, sollte die Bramau erst ab Föhrden-Barl flussabwärts befahren. Die erste Hälfte der Strecke Bad-Bramstedt - Wittenbergen ist auf der Kanukarte als "mittelschwer" eingestuft, der Abschnitt hinter Föhrden-Barl gilt als "leicht".

Picknickpause machen wir in Wrist. Rund zehn Kilometer Flussfahrt haben wir hinter uns, es tut gut, die Beine ausschütteln zu können. Das Anlegemanöver am Holzsteg in Wrist ist nicht schwer - zumal die Bramau kaum mehr als knietief ist. Hinter der Uferböschung findet sich gleich ein Edeka-Markt. Und so sitzen wir bald auf dem Steg, ein Eis in der Hand, die Füße im kühlenden Wasser. "Papa, das war der schönste Sommertag", ziehen Luca und Daniel schon jetzt ein Fazit.

Weiter geht's westlich durchs Auenland. Auf einer Brücke, unterwegs auf der Bahnstrecke Hamburg-Kiel, donnert ein ICE über unsere Köpfe hinweg. Die Flusslandschaft verändert sich. Von der Geest kommen wir in die Marsch hinunter, durchfahren einen Teil des Breitenburger Moores. Der Fluss wird breiter, die Strömung träger. Ab hier kann es schon einmal sein, dass es zwar flussabwärts, aber doch gegen den Strom zu paddeln gilt - wenn die auflaufende Tide der Stör bis in die Braumau bemerkbar ist.

Bei Kilometer 12,5 führt eine Fußgängerbrücke übers Wasser. Hier, bei Stellau, besiegte im Jahr 1201 Waldemar II mit seinem Bruder, dem Dänenkönig Knuth VI., Graf Adolf III von Schauenburg und Holstein. 1230 weihte Erzbischof II die bis heute erhaltene Feldsteinkirche von Stellau.

Nach vier Stunden erreichen wird die Stelle, wo die Bramau in die Stör fließt

Nach gut vier Stunden Fahrt erreichen wir südlich von Kellinghusen die Stelle, wo die Bramau in die Stör mündet. Jetzt heißt es gut aufzupassen, denn hinter der Straßenbrücke in Wittenbergen müssen wir links in den Stichhafen beim Getreidesilo abbiegen. An diesem Tag auch für unsere etwas ermüdete Mannschaft kein Problem. Hat die Stör aber viel Wasser und zieht der Ebbstrom gen Elbe, sollen schon Paddler am Zielort vorbeigeschossen sein.

An der Anlegestelle hieven wir unser Boot an Land. Von uns telefonisch verständigt, knattert bald Stephan Voß von "Rolandkanu" in seinem VW Bus heran. Ein paar geübte Handgriffe, dass ist der Kanadier verladen und es geht mit dem Wagen zurück zum Ausgangspunkt in Bad Bramstedt. Sehnsüchtig blicken wir durchs Autofenster auf die unser Flüsschen. Auenland, wir kommen wieder!