Nach den Bodenabsackungen in Quickborn setzt Experte zur Gefahrenabschätzung ein Schallwellen-Messsystem ein

Quickborn. Elvis lebt. Aber er gibt nur noch einen langen tiefen Ton von sich. Außerdem hat sich der King aus Nashville auch körperlich verändert. Eine fast 100 Kilogramm schwere graue Box trägt seinen Namen, der abgekürzt steht für Elektrodynamisches Vibrations-System. Zurzeit erforscht Elvis den Untergrund rund um die Marienhöhe in Quickborn, wo der Boden an einer Stelle auf einem Spielplatz vor einem Monat plötzlich um 80 Zentimeter weggesackt ist.

Die Stadt erwartet Aussagen, ob ein Erdfall nochmals auftreten kann

Zwei Tage lang hat der Elektroingenieur Günther Druivenga mit dem weltweit einmaligen Verfahren des horizontalen Scherwellen-Systems auf einer Fläche von etwa einem Hektar die Erde Meter für Meter bis zu einer Tiefe von 50 Metern nach möglichen Hohlräumen abgesucht. Die Stadtverwaltung, die den Experten aus Hannover über ein Kieler Ingenieurbüro beauftragt hat, verspricht sich von diesen geophysikalischen Messungen verbindliche Aussagen darüber, wie tragfest der Boden in diesem Bereich zwischen der Erdoberfläche und dem Salzstock in einer Tiefe von bis zu 45 Metern ist, welcher Belastung er künftig ausgesetzt werden kann und ob ein solcher Erdfall wieder auftreten könnte.

Das horizontale Schallwellen-Messverfahren, das Druivenga vor acht Jahren zusammen mit dem Leibniz-Institut für angewandte Physik in Hannover entwickelt hat, habe erhebliche Vorteile im Vergleich zum herkömmlichen vertikalen Verfahren, erläutert der Elektroingenieur. So breiteten sich die Schallwellen in senkrechter Richtung viel zu schnell aus, um - wie in Quickborn gefordert - oberflächennah den Untergrund zu durchforschen. Der zehn Sekunden lange Impuls, den Elvis in einer Frequenz von 20 bis 160 Hertz abgebe, bewege sich an der Erdoberfläche in einer Geschwindigkeit von 250 Metern pro Sekunde fort. Im Erdinneren, wo er sich langsam ausbreitet und auf Gestein trifft und weiterhin horizontal fortbewegt, steigt die Geschwindigkeit auf bis zu 4000 Meter pro Sekunde an. "Schall ist also am schnellsten, je fester der Boden ist, und wird langsamer, je lockerer er wird. Das ist Geophysik", erklärt Druivenga.

Die Messergebnisse werden in dem Spezialbüro Geofakt ausgewertet

Diese Messtechnik wird nun in der Quickborner Marienhöhe ausgenutzt. Druivenga misst den Schallimpuls an 50 Messstellen, die er im Meterabstand an einem langen Kabel installiert hat. Und dies setzt sich ebenso im Untergrund fort. So erhält er, die Messungen auf seinem Computerbildschirm visualisiert, eine regenbogenartige Analyse der Beschaffenheit aller Bodenschichten: von tiefrot, wenn es festes Gestein ist, bis dunkelblau, wenn es lockere Sedimente sind.

Alle Messergebnisse, die Druivenga Donnerstag und Freitag in Quickborn in einer Datenmenge von etwa einem Gigabyte zusammengetragen hat, werden jetzt von dem Spezialbüro Geofakt in Bonn ausgewertet. Das dauere etwa drei Wochen, erklärt der Elektroingenieur. "Wir können dann genaue Aussagen dazu treffen, wie sich der Boden Schicht für Schicht verändert hat und heute beschaffen ist", sagt Druivenga. Und das alles, ohne eine Bohrung oder Bodenprobe genommen zu haben, die viel aufwendiger zu erhalten wäre.

Ingenieur Druivenga hat inzwischen die Patentrechte und die Lizenz für das Elvis-Messverfahren erworben. Er berät damit bundesweit die Hochschulen wie zum Beispiel die Studenten der Geophysik der Uni Kiel, die auf diese Weise Schicht für Schicht den Untergrund der Steinzeitgräber von Albersdorf untersucht haben. Jahrelang hat Druivenga auch die Behörden und Regierung in Indonesien mit diesem Verfahren dabei beraten, um die Standfestigkeit des Bodens für Schulen und Krankenhäuser nach dem Tsunami Ende 2004 zu erforschen. Und er hat den Oberrheingraben zwischen Lörrach und Basel auf die Wahrscheinlichkeit eines Erdbebens erkundet. "Diese Messtechnik ist die zurzeit Beste, um den Erdboden flächendeckend zu untersuchen."