Zwei Pinneberger haben den ersten und einzigen offiziellen HSV-Fanklub für Homosexuelle, die “Volksparkjunxx“, gegründet.

Pinneberg/Hamburg. Jens, Klaus und ihre Fußballkumpels werden heute mit Jogi und seinen Jungs fiebern. So wie Millionen andere Fußballbegeisterte. Im Nationaltrikot oder im HSV-Dress, mit Deutschlandfahne und einem Bier in der Hand ziehen die beiden Pinneberger auf die Fanmeile in Hamburg. Jens ist sich sicher, dass Deutschland das Finale der Europameisterschaft erreicht. "Wir gewinnen mit 2:0 gegen Italien", lautet sein Tipp fürs heutige Spiel. Kommt es so, werden sich auch harte Kerle in den Armen liegen. Jens, Klaus und die anderen Mitglieder des Fanklubs "Volksparkjunxx" kämpfen dafür, dass es in der Macho-Welt des Fußballs zur Normalität wird, wenn Männer sich nicht nur zum Torjubel küssen. Die "Volksparkjunxx", die die beiden Pinneberger 2010 gegründet haben, sind der erste und einzige HSV-Fanklub von Schwulen und Lesben.

"Gesellschaftlich ist Schwulsein gar kein Thema mehr. Der Fußball aber ist so stark von einem Männlichkeitsbild geprägt, da dauert es länger", sagt Jens Kuzel, 36. Ein Fernziel sei es, "eine Atmosphäre zu schaffen, in der sich ein Nationalspieler outen kann, ohne Nachteile zu haben". Die "Volksparkjunxx" sind sich sicher, dass es unter den Starkickern Homosexuelle gibt.

Die Fans setzen sich dafür ein, dass "Schwuler" als Schimpfwort beim Fußball geächtet wird. Mit ihren Schals, auf denen das Doppel-X für das doppelte X-Chromosom steht, zeigen die Schwulen und Lesben Flagge. In der kommenden Saison soll ein Banner in der HSV-Arena aufgehängt werden. "Wir wollen niemanden provozieren, aber das wird Aufmerksamkeit erregen", sagt Klaus Brütt, 53. Im Stadion von Mainz 05 habe es einmal eine Choreografie aller Fanklubs gegeben, bei der das Stadionrund komplett in Regenbogenfarben geleuchtet habe. Soweit sei es in Hamburg bislang noch nicht, aber der HSV unterstütze seinen offiziellen Fanklub der besonderen Art.

Antonio Cassano, Stürmer des heutigen Gegners Italien, hatte in der Vorwoche für Aufruhr gesorgt. "Ich hoffe, dass keine Schwulen in der Mannschaft sind", sagte Cassano. Vorher hatte ein italienischer Moderator öffentlich behauptet, in der Squadra Azzurra spielten zwei Schwule und ein Bisexueller. "Bisher hat sich nur ein einziger aktiver Fußballer aus einer höheren Liga geoutet", sagt Klaus Brütt. Und erinnert an den traurigen Fall des dunkelhäutigen englischen Fußballprofis Justin Fashanu. Der Sohn eines Nigerianers von Norwich City galt auf der Insel als Riesentalent, erzielte ein "Tor des Jahres" in England. Doch Fashanu wurde bei anderen Vereinen verspottet und drangsaliert, 1990 gestand er in einem Interview seine Homosexualität, 1998 erhängte er sich im Alter von 37 Jahren.

Auch die Gründer der "Volksparkjunxx" haben Homophobie und Feindseligkeit erleben müssen. "Mir wurde, als ich im Hafen gearbeitet habe, von Kollegen ein Gummipenis in die Schublade gelegt", erinnert sich der 53 Jahre alte Pinneberger. Er und Jens Kuzel engagieren sich bei den Queer Football Fans (QFF), einer europaweit organisierten Vereinigung schwul-lesbischer Fußball-Fans. Gleichgesinnte Klubs besuchen sich gegenseitig, organisieren Fußballturniere und andere Treffen. "Wir haben ein gutes Verhältnis untereinander, sogar zu den Fans von Werder Bremen", sagt Kuzel. Sein Lieblingsspieler bei der Nationalelf ist Philipp Lahm - früher war es Jürgen Klinsmann. Der war einst als "Schwabenschwuchtel" diffamiert worden. Lahm war ebenfalls als mutmaßlicher Homosexueller in die Schlagzeilen geraten - der Bayern-Profi hatte dementiert und erklärt, dass die deutsche Gesellschaft noch nicht bereit für das Bekenntnis eines schwulen Fußball-Stars sei.

Lieblingsspieler aller Zeiten von Klaus Brütt ist der einstige HSV-Star Kevin Keagan, dem er in den 70er-Jahren im Volksparkstadion zugejubelt hatte. Trotz zuletzt verheerender Leistungen des HSV haben die "Volksparkjunxx" natürlich die Raute weiter im Herzen und Dauerkarten für die kommende Spielzeit. "Bloß nicht noch so eine Saison wie die letzte", wünscht sich Brütt. Aber, wie sagt der Pinneberger nicht nur über die "Volksparkjunxx": "Man darf nicht zartbesaitet sein, wie jeder andere HSV-Fan auch."

www.volksparkjunxx.de