Interview mit Schleswig-Holsteins Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) über Schulden, Steuern und die Finanzierung der Elbquerung.

Bönningstedt. Der schleswig-holsteinische Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) steht in seiner Partei wie kein anderer für die Konsolidierung der Finanzen im Lande. Das Abendblatt sprach mit Wiegard in Bönningstedt über Schuldenbremse, Steuersünder und die Stimmung in seiner Partei.

Hamburger Abendblatt : Herr Wiegard, wie ist die Stimmung in der CDU?

Rainer Wiegard: Wir sind inhaltlich und personell gut drauf. Und die Hälfte der Wähler ist noch unentschlossen. Wir sind sicher, noch viele Menschen von unserem Programm und unseren Kandidaten überzeugen zu können.

Worin begründet sich Ihre Hoffnung?

Wiegard:

Zum einen schlägt die gute Arbeit der Kanzlerin voll durch, und immer mehr Menschen in Schleswig-Holstein haben erkannt, dass unser wachstumsorientierter Konsolidierungskurs bei den Finanzen ohne Alternative ist. Und unsere Konkurrenz hat nichts anzubieten.

Es gab viele Proteste gegen die von der Landesregierung vorgenommenen Kürzungen. Wird es noch weitere Einschnitte geben?

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Wiegard: Nun lassen wir die eingeleiteten Maßnahmen erst einmal wirken. Sie sprechen Personalreduzierung, Kürzungen beim Blindengeld und in der Landwirtschaft an, auch die Einzelförderung in der Wirtschaft war betroffen, was im Übrigen auf großes Verständnis bei den Unternehmen gestoßen ist. Nein, wir suchen nicht nach weiteren Zielgruppen, sondern wir haben ein Konzept, das schon jetzt Erfolge zeigt.

Und zwar?

Wiegard: Bei der mittelfristig angelegten Reduzierung unserer strukturellen Verschuldung sind wir bereits zwei Jahre im Vorsprung, in Zahlen sind das rund 260 Millionen Euro. Und Ende März hatten wir etwa 100 Millionen Euro mehr in der Kasse als im Vorjahresquartal. Wir dürfen aber nicht nachlassen bei Ausgabendisziplin und Wachstumsförderung, der Weg ist noch lange nicht am Ende.

Der Steuerzahlerbund Schleswig-Holstein mahnt, die Einnahmeseite des Landes nicht auch noch mit Steuererhöhungen zu finanzieren.

Wiegard: Steuererhöhungen haben wir hinter uns. Wir haben ohnehin nur die Grunderwerbssteuer, bei der wir den Mehrertrag behalten dürfen. Das sind 80 bis 120 Millionen Euro.

Apropos Mehreinnahmen: Sie haben Daten von Steuersündern bekommen. Wie hoch ist der Betrag, der dem Fiskus entgangen ist und wann fließt er in die Landeskasse?

Wiegard: Identifiziert sind 650 Selbstanzeigen mit nacherklärten zu versteuernden Einnahmen von 260 Millionen Euro. Für uns bleibt eine Steuermehreinnahme von derzeit knapp 120 Millionen Euro. Wann das allerdings in die Landeskasse fließt, ist noch unklar, da damit noch diverse Verfahren und Vorgänge verbunden sind. Ich kann in diesem Zusammenhang die Blockadehaltung von SPD und Grünen beim Abkommen mit der Schweiz nicht verstehen, wo es um zehn Milliarden Euro allein an Nachzahlungen und etwa eine Milliarde Euro jährlich geht. Schleswig-Holstein würde davon bis 2020 etwa 350 Millionen Euro erhalten. Mir ist völlig unverständlich, warum SPD und Grüne die Besteuerung deutscher Kapitaleinkommen in der Schweiz verhindern. Sollen wir darauf etwa verzichten?

Um viele Hundert Millionen Euro geht es auch beim Bau der Autobahn 20. Die SPD moniert, dass es für die Elbquerung bei Glückstadt immer noch kein schlüssiges Finanzierungskonzept gibt. Wann wird es vorliegen?

Wiegard: Die SPD sollte sich beim Thema Infrastruktur besser zurückhalten. Beim Regierungswechsel 2005 ging die A 20 gerade mal bis Lübeck. 15 Jahre nach der Wende war es eine Trasse ohne Perspektive. Unsere Landesregierung hat erst dafür gesorgt, dass der Bau vorangeht und jetzt schon bis zur Gemeinde Weede geht.

Und was ist mit der Verwirklichung der Elbquerung?

Wiegard: Am Ende dieses Jahres wird die Planungsreife für den Bau der Querung unter der Elbe vorliegen, dafür gibt es eine feste Verabredung mit dem Bund, Hamburg und Niedersachsen.

Und wie steht es um die Finanzierung dieser Querung?

Wiegard: Es gibt die definitive Verabredung mit dem Bund, die A 20 zu bauen und auch zu finanzieren.

Wer kommt für die Finanzierung in Frage?

Wiegard: Es könnte teilweise in öffentlich-privater Partnerschaft (ÖPP) oder vom Bund finanziert werden. Details dazu waren und sind noch nicht erforderlich. Wenn die baurechtlichen Voraussetzungen für die Elbquerung da sind, sind wir ein erhebliches Stück weiter.