Politiker stimmen für Rettungsschirm und kritisieren den Finanzausgleich des Landes

Kreis Pinneberg. Der Kreis Pinneberg stellt sich formal unter den Rettungsschirm des Landes, der dem Kreis zehn Jahre lang zusätzliche 2,2 Millionen Euro im Jahr verspricht. Diese Absichtserklärung gab der Kreistag gegen die Stimmen der Linken ab. Doch viele Politiker im Kreistag werten dieses finanzielle Hilfspaket keineswegs als großzügiges Geschenk aus Kiel, sondern als eine Mogelpackung.

SPD, Grüne, KWGP (Kreiswählergemeinschaft) und Die Linke werfen der Landesregierung vor, hier auf Kosten der Kommunen den Wohltäter zu spielen. Grünen-Fraktionschef Thomas Giese, seit vielen Jahren einer der Finanzexperten im Kreistag, machte eine ganz andere Rechnung auf: Demnach stünde der mit rund 90 Millionen Euro verschuldete Landkreis heute um 30 Millionen Euro besser da, wenn das Land den Kommunen nicht seit 2007 jedes Jahr 120 Millionen Euro aus dem Finanzausgleichsgesetz vorenthalten hätte. Einstimmig beschloss der Kreistag deshalb auch auf Antrag der KWGP, eine Klage gegen das Land zu prüfen und deshalb den Landrat aufzufordern, "für das laufende Haushaltsjahr gegen die Festsetzung des Finanzausgleichs des Landes Schleswig-Holstein Einwendungen einzulegen."

Hintergrund dieser Auseinandersetzung ist der Eingriff des Landes in die Finanzausstattung der Städte, Gemeinden und Kreise. 2006 beschloss die damalige CDU/SPD-Landesregierung, von 2007 an aus diesem Topf 120 Millionen Euro zu entnehmen, um den Landeshaushalt zu verbessern. Schwarzgelb hat diese Politik nach der Wahl 2009 fortgesetzt. Seitdem seien den Kommunen 600 Millionen Euro entzogen worden, zitierte SPD-Politiker Helmuth Jahnke den Städte- und Landkreistag. Die Gesamtverschuldung der Kommunen betrage 700 Millionen Euro. Allen 1100 Kommunen im Land steht nun mit einer Milliarde Euro aus dieser Finanzausgleichsmasse weniger Geld zur Verfügung als noch 2001.

"Die Landesregierung greift in bedenklicher Weise in das Haushaltsrecht der Kommunen ein", sagt Jahnke. Der Sozialdemokrat erwartet, dass dieser Prozess nach der Landtagswahl am 6. Mai von einer neuen Landesregierung rückgängig gemacht wird. "Das wäre für alle die beste Lösung."

Wie prekär die Lage für die Kommunen durch die Kürzung der Landesmittel geworden ist, beschreibt der Städte und Landkreistag: Die Zahl der Kommunen, die keinen ausgeglichenen Haushalt mehr haben, hat sich seit 2008 auf 120 verdoppelt. "Jetzt rottet das Land vor sich hin", sagt Reinhard Eggers-Frie, Fraktionschef der Linken.

Aber die Kommunen würden von der Landesregierung quasi gezwungen, die Konsolidierungshilfe und die damit verbundene eiserne Sparpolitik einzugehen, kritisieren die Politiker. Wenn sich der Kreis dem Diktat aus Kiel nicht beugen würde, riskiere er, nochmals 800 000 Euro an Fehlbedarfszuweisungen zu erhalten, betonte Giese. "Wir sind gezwungen, bei diesem Spiel mitzumachen", sagt Eggers-Frie. "Und so wird wieder so ein bürokratisches Monster geschaffen."

Dabei hätten die Kommunen kein Ausgaben-, sondern nur ein Einnahme-Problem. Die Aufnahmebedingung des Rettungsfonds sieht nämlich vor, dass der Kreis bis 2021 den doppelten Betrag der Konsolidierungshilfe, also 4,4 Millionen Euro, im Jahresetat einsparen muss. Wie das gelingen soll, wenn nicht einmal 20 Prozent der Ausgaben überhaupt vom Kreis gesteuert werden könnten, ist den Politikern schleierhaft. Mehr als 80 Prozent der Ausgaben seien gesetzlich festgelegte Ausgaben insbesondere für Jugend- und Sozialhilfe. 4,4 Millionen Euro wären ein Zehntel der Personalkosten. "Das sind 60 Stellen, die wegfallen könnten. Das Land hat uns im Würgegriff."

KWGP-Fraktionschef Burghard Schalhorn sieht gute Chancen für eine Klage gegen das Land. Der Landkreis Neuwied habe vor dem Verfassungsgericht wegen des dortigen kommunalen Finanzausgleichs gegen das Land Rheinland-Pfalz Recht bekommen.