Tage der Musik verzauberten am Wochenende die Gäste. Zehn Veranstaltungsorte vom Rathaussaal über das Apollo bis zum Industriemuseum waren gut besucht

Elmshorn. Elke Ehlers lehnt sich an die Wand im schummerig beleuchten Saal des Apollo. Sie wippt mit dem Kopf auf und ab. Während der Horster Gospelchor mit "Whats Up" afrikanische Klänge anstimmt, versucht sie das Programm zu entziffern. "Ist das nicht toll. Viele Ältere glauben: Gospelmusiker, die schreien doch nur", sagt die Tornescherin, lacht und wippt weiter mit dem Kopf. Nach einem Kinofilm über Volksmusik, dem Akkordeontrio "Handregal" und dem Auftaktkonzert am Freitag ist das Apollo Station Nummer 4 bei den "Tagen der Chor- und Orchestermusik" für die Hobbymusikerin.

Einmal im Jahr treten Laien-Chöre, Ensembles und Orchester an einem Wochenende in einer deutschen Stadt auf und zeigen ihr ganzes Können - kostenlos. Dabei gibt der Veranstalter, die Bundesvereinigung Deutscher Chor- und Orchesterverbände" (BDCO), schon mit den Orten eine Linie aus. Denn diese besondere Veranstaltung findet in Mittelstädten statt, nicht in den Metropolen. Doch in den Mittelstädten spielen Musiker, die alles andere als durchschnittlich sind. In diesem Jahr wurde Elmshorn zum Mekka der Musikfreunde. Ob im Shanty Chor oder als Blasorchester präsentierten sich die meist regionalen Musiker an zehn Orten in der Stadt, vom Rathaussaal bis zum Industriemuseum. An einem Abend vom Swing zu Gospel und von Brahms zu Bruckner, diese Vielfalt bot am Wochenende nur Elmshorn - eine ganze Stadt war in Bewegung.

Vor allem Rita Schliemann. Die Leiterin des Amtes für Kultur ist sozusagen Gastgeberin und Cheforganisatorin in einer Person. "Alles voll. Prima", sagt sie, als sie aus der sanft beleuchteten Kirche St. Nikolai kommt, in der gerade das "Ensemble vocal" Brahms interpretiert. Sie ist angespannt, läuft im Eiltempo durch die Straßen und guckt ob's läuft. In der Stadtbücherei schüttelt sie Hände. "Ist alles gut?" Hier wird gleich ein Hörspiel aufgenommen, eine "unerhörte Geschichte" heißt es im Programmheft. Auch hier volles Haus, keine Probleme. Bei Rita Schliemann fällt langsam die Anspannung ab, das sagt sie zumindest. Wochenlange Vorbereitungen liegen hinter ihr und ihrem Team.

Eine besondere Spannung liegt auch über St. Mariae Himmelfahrt. In dem Bau erklingt an diesem Abend einer der mächtigsten Komponisten der Musikgeschichte. Anton Bruckners 4. Sinfonie, obwohl sie den Beinamen "Die Romantische" trägt, bringt die Kirche zum Beben.

Das Hamburger Haydn-Orchester hat sich weit über die Grenze der Hansestadt hinaus einen Namen gemacht. Das große Sinfonieorchester füllt den gesamten Kirchenraum. Als Dirigent Rida Murtada den Celli Raum gibt und die Eleganz der Streicher den Raum erfüllt, wirken die Zuhörer wie verzaubert. Als dramatische Pauken, Hörner und Trompeten mit aller Gewalt das Stück immer weiter zuspitzen, sieht man die Erschütterung in den Gesichtern. Diese Bandbreite an Gefühlen in so kurzer Zeit kann wohl nur Bruckner erzeugen.

Nach dem ersten Satz verschwinden einige durch die Hintertür. Doch das wollen die Tage der Musik. Man soll ausprobieren, Neues entdecken, und man darf auch etwas nicht gut finden.

In der Aula der Bismarckschule bringt das Elmshorner "VielHarmonieorchester" die Menschen hingegen zum Mitklatschen. Hier zählt vor allem der Spaß. Bei "Zapfenstreich"-Atmosphäre schmettert Leiter Rolf Hagens, im wirklichen Leben Biophysiker, mit seinem Ensemble den Evergreen "Smoke on the Water" hin, so wie beim Abschied des ehemaligen Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg. Posaunen und Tuba begeistern auch die Elmshorner und ihre Gäste. Von der hessischen Polka bis zu amerikanischem Swing - so vielfältig der Abend mit seinen Künstlern ist, so vielfältig ist das Repertoire der Chöre und Orchester selbst. Und im Apollo, in der der Gospelchor mit Michael Jacksons "We are the World" den emotionalen Höhepunkt ansteuerte, hat Elke Ehlers ihr nächstes Ziel gefunden: Es geht ins Industriemuseum zu "Die Badischen" und Alphörnern.