Der Pfeifenclub Rellingen blickt auf eine mehr als 100 Jahre alte Tradition zurück. Doch Raucher gibt es hier mittlerweile kaum noch.

Rellingen. Wer beim Pfeifenclub Rellingen mitmachen möchte, muss zum Rauchen vor die Tür. Das Nichtraucherschutzgesetz macht auch vor einem Pfeifenklub nicht Halt. "Die meisten von uns sind sowieso Nichtraucher", sagt der Erste Vorsitzende Rolf Wohlers. Ein Mitglied, der Pfeife raucht? Da fällt ihm auf Anhieb niemand ein. Dafür weiß der Rellinger viel über die Geschichte des Vereins und auch, wie es zu dem Namen kam.

In der Rellinger Gaststätte "Zur Linde" von Hermann Bornholdt gründete am 15. August 1893 eine ehrenwerte Herrenrunde, zu der auch der Wirt gehörte, den "Pfeifenclub Gut Zug Rellingen und Umgebung". Zu jener Zeit lebten etwa 1300 Menschen in Rellingen. Viele Männer arbeiteten in der Tabakindustrie. Kaiser Wilhelm II. regierte im fünften Jahr, Rudolf Diesel entwickelte seinen Motor und das Bismarcksche "Sozialistengesetz" von 1878 verbot politische Zusammenkünfte, um Sozialdemokraten und Sozialisten mundtot zu machen. Diese wehrten sich und schlossen sich in zahlreichen Pfeifenklubs zusammen, um in Hinterzimmern unter dem Deckmantel der Geselligkeit über Politik zu diskutieren. Dort qualmten dann nicht nur Zigarren und Pfeifen, sondern auch Köpfe.

+++ Das ist 2012 geplant +++

Sieben Jahre später, der Pfeifenclub hatte Klubmützen und Vereinsabzeichen angeschafft, wurden regelmäßig Feste und Ausflüge in die Umgebung organisiert. Die Männer trafen sich immer noch im Vereinslokal "Zur Linde", wo die Tonpfeifen aufbewahrt wurden und der Tabak kostenlos bereitgestellt wurde. Der Wirt berechnete 5,50 Mark für ein Fass Bier. 1904 erhalten die Männer Mitgliedsbücher mit den Vereinsstatuten. Darin steht, dass der Klub "durch geselligen Verkehr in den Mitgliederversammlungen sowie Veranstaltungen von Vergnügungen den Frohsinn der Mitglieder pflegen und erhalten" sollen. Zudem wurden kranke und arbeitsunfähige Mitglieder unterstützt, indem andere ihre Aufgaben übernahm. Wer in den Klub eintreten war und älter als 40 Jahre alt war, musste zwei Bürgen mitbringen, die für seine Leistungsfähigkeit einstanden.

Fahnenfleck lieferte im gleichen Jahr die Vereinsfahne. Während der Weltkriege wurde der Klub verboten. Die Männer agierten nur noch im Untergrund. "Sie versteckten ihre Unterlagen in Zwischenwänden", sagt Rolf Wohlers. "Dabei ging vieles verloren." Hin und wieder tauchten nach Haushaltsauflösungen noch Schriften aus der Zeit auf. So auch die Vereinsfahne, die in der Wand eines Hühnerstalls eingemauert war - samt Kaufvertrag und Garantie. Die ist allerdings abgelaufen.

Am 6. Februar 1949 wagte der Pfeifenclub den Neuanfang. "Nach der Gründung der Bundesrepublik Deutschland überlebte sich die eigentliche Gründungsidee", sagt Rolf Wohlers. Der Staat sicherte die Menschen sozial ab und politisch herrschte Meinungsfreiheit. Viele Klubs schliefen ein. Nicht so der Rellinger Pfeifenclub. Die Mitglieder, derzeit sind es 177, passten sich der Zeit an und widmeten sich ausschließlich der Geselligkeit. "Wir halten die Gedanken und Ideale unserer Großväter doch noch ein wenig aufrecht", sagt Rolf Wohlers, dessen Großvater August Wohlers und Großonkel Martin Wohlers zu den Gründungsmitgliedern gehörten. Auch wenn niemand den anderen im Krankheitsfall in dessen Job vertreten kann, die Mitglieder kennen sich und helfen sich untereinander, wenn nötig.

Zum 100-jährigen Bestehen änderte sich die Satzung. "Die Frauenquote wurde eingeführt", sagt Rolf Wohlers. Und seine Frau Helga fügt hinzu: "Wir waren sowieso schon feste Bestandteil des Vereinslebens." Nun durften die Damen auch Mitglied werden.

Zum jährlichen Programm gehören heute Kegel-, Karten- und Bingoabende, Fahrradtouren, Wanderungen und Ausflüge, sowie gesellige Treffen mit Essen und Trinken, Theater und Tanz. Gäste sind dem Pfeifenclub beim Mehlbüddelessen in Borstel-Hohenraden, Grünkohlgala, Skatabend, Bingo-Show und Punschparty auf dem Weihnachtsmarkt willkommen. Der Verein engagiert sich auch für die Belange von Kindern. Die Einnahmen der Bingoabende kommen regelmäßig sozialen Zwecken zugute. So konnte im vergangenen Jahr 2050 Euro für das Hospiz Sternenbrücke in Hamburg gesammelt werden.

Mitglied kann jeder werden, für einen Jahresbeitrag von zwölf Euro. Auch Raucher werden aufgenommen.