Ein Landwirt in Borstel-Hohenraden will Zucht und Schweinemast räumlich trennen. Sowohl Gemeinde als auch der Kreis lehnen dies ab.

Borstel-Hohenraden. Ein ganzes Dorf ist in Aufruhr. Die Pläne eines Landwirts, mitten im Ort auf einer grünen Wiese einen neuen Schweinestall zu bauen, hat die Menschen in Borstel-Hohenraden in helle Aufregung versetzt. Spontan gründeten jetzt 200 Bürger in Borstel eine Bürgerinitiative, verteilten Protest-Zettel in der Gemeinde und eröffneten eine Homepage. An diesem Sonntag wollen sie sich um 11 Uhr in der Grundschule treffen, um Plakate und Protestbanner zu entwerfen. Denn am Donnerstag fällt eine Vorentscheidung: Das Verwaltungsgericht Schleswig will sich in Borstel-Hohenraden selbst ein Bild verschaffen, wo und wie der geplante Schweinestall in die Landschaft passt. "Wir wollen mit 50 Anwohnern friedlich demonstrieren und unseren Unmut kundtun, dass wir in unserer unmittelbaren Umgebung keine Massentierhaltung haben wollen", kündigt Sönke Timm an, Sprecher der Bürgerinitiative "Kein Schweinestall im Dorfkern".

Auslöser für diesen Protest in der 2300 Einwohner zählenden Gemeinde ist Jörg Ostermann, 52. Seit 100 Jahren lebt seine Familie im Ortsteil Hohenraden und betreibt Landwirtschaft. Sohn Jonas steht bereit, den Betrieb weiterzuführen. Ostermann betreibt Ferkelzucht und Schweinemast. "Das ist ein geschlossenes System", erklärt der Landwirt. Die 200 Säue werfen pro Jahr rund 5000 Ferkel, die er zum Teil selber mästet und an die Schlachtbetriebe verkauft, aber auch an andere Schweinemastbauern veräußert.

Sein Plan: Ostermann will künftig die Schweinezucht von der Mast räumlich trennen. Darum will er auf seiner drei Hektar großen Wiese im Ortsteil Borstel nahe der Straße Nedderhulden einen Stall für 560 Säue bauen. Auf seinem Hof am Haarbookweg, etwa 1,5 Kilometer entfernt, soll die Schweinemast bleiben. Dahinter steckt das Kalkül, die Schweinezucht weniger anfällig für Krankheitsfälle zu machen. Denn mit den Ferkeln sei es wie im Kindergarten: "Wenn sich ein junges Tier mit einer Krankheit ansteckt, sind schwups auch alle anderen Tiere krank." Die Folge davon ist klar und wird zurzeit in vielen Talkshows gebrandmarkt: Die Schweinemastbetriebe greifen zu Antibiotika, um ihre Tiere vor den Krankheiten zu schützen. Der Verbraucher, der sich sein Schweineschnitzel im Supermarkt kauft, ärgert sich dann, dass er kein Bio-Schweinefleisch bekommt.

+++ Anspruch und Wirklichkeit +++

Die Lösung für dieses Problem sei die räumliche Trennung von Zucht und Mast, sagt Bauer Ostermann. "Das geht nicht, wenn die beiden Ställe in unmittelbarer Nähe sind. Wenn ich mit dem Auto dorthin fahren muss, wasche ich mich vorher und ziehe andere Klamotten an." Dem ernährungsbewussten Fleisch essenden Verbraucher würde dieses System nützen, ist Ostermann überzeugt. Zwei Millionen Euro will er in den neuen Stall investieren.

Doch gegen diese Philosophie spricht das deutsche Baurecht, jedenfalls so, wie es der Kreis Pinneberg auslegt. Schon 2009 war Landwirt Ostermann mit seinen Schweinestallplänen in der Gemeinde abgeblitzt. Der Gemeinderat versagte ihm das gemeindliche Einvernehmen für die Vergrößerung seines Betriebes mit dem neuen Stall auf einer Grünfläche mitten im Ort. "Den wollen wir da nicht", sagt Bürgermeister Werner Moeller, SPD. Das Dorf will wachsen. Immer neue Baugebiete werden rund um die geplanten Schweinestall-Wiese ausgewiesen und mit Einfamilienhäusern bebaut.

Trotzdem hat Ostermann den Bauantrag gestellt und ist erneut gescheitert. Die Bauaufsichtsbehörde der Kreisverwaltung lehnte den Bau aus zweierlei Gründen ab, erklärt Kreissprecher Marc Trampe. Zum einen, weil die Gemeinde nicht einverstanden ist. Solche Projekte sollten im Einklang mit dem Gemeinderat laufen. Zum anderen sei es grundsätzlich nicht erlaubt, im Außenbereich Gebäude zu errichten. Deshalb mussten schon Menschen im Esinger Moor ihre Nachkriegshütten abreißen. Auch Ponyreitställe in Quickborn und Hasloh mussten deshalb weichen. Ausgenommen von dieser Regelung sind normalerweise landwirtschaftliche Betriebe. Diese gelten als privilegiert und dürfen im Außenbereich Betriebsstätten haben. "Aber nicht einen Kilometer entfernt vom Hof", betont Trampe. "Das ist eine unnötige Bebauung im Außenbereich."

Die Argumentation Ostermanns, dass er gesünderes Schweinefleisch auf dem Markt bringen will, spielt für den Kreis keine Rolle. Ebenso wenig der Umstand, dass die Gemeinde mit ihren Neubaugebieten den Außenbereich einengt. Ob das vor Gericht standhält, wird sich zeigen. Landwirt Ostermann hat gegen die Entscheidung des Kreises Klage eingereicht. Laut Trampe ist dieser Fall bislang einmalig im Kreis.

Ostermann findet: "Das ist mein gutes Recht. Ein Kampf David gegen Goliath." Mit den geplanten 560 Säuen, die etwa 13 500 Ferkel im Jahr werfen, könnte sein Betrieb auf lange Jahre gesichert sein. "In der Landwirtschaft gilt: wachse oder weiche. Das ist heute noch aktuell." Wenn er vor Gericht unterliegen sollte, müsste er die Ferkelzucht aufgeben. Und das Schweinefleisch in den Supermärkten käme dann eben überwiegend aus Dänemark und den Niederlanden. "Einerseits will der Verbraucher regionale Lebensmittel verzehren. Aber die Produktion bitte nicht vor meiner Haustür."

Die Anwohner befürchten vor allem eine Geruchsbelästigung, zunehmenden Lkw-Verkehr und einen Verfall der Grundstückspreise, sagt BI-Sprecher Timm. "Wer will schon einen Schweinestall vor seiner Haustür haben?" Zudem sei der Stall mit 24-mal 90 Metern viel zu groß. Timm betont zugleich: "Wir haben nichts gegen Landwirtschaft. Aber wir können nicht nachvollziehen, dass dieser Betrieb sich ausgerechnet im Ortskern statt am Ortsrand ansiedeln will."

Lars Kuhlmann, Kreisvorsitzender des Bauernverbandes, räumt ein, dass der geplante neue Schweinestall "eine normale Größe" hätte. "Ich hoffe, dass man sich in Borstel einigt und der Streit nicht weiter eskaliert."

www.schweinestallboho.de