Bund, Niedersachsen und Schleswig-Holstein unterzeichnen ein Bekenntnis zum Weiterbau der Autobahn 20

Drochtersen/Pinneberg. Der Bau eines Autobahntunnels, der das Kehdinger Land mit Schleswig-Holstein verbinden soll, rückt in greifbare Nähe. Niedersachsens Ministerpräsident David McAllister, der schleswig-holsteinische Wirtschaftsminister Jost de Jager (beide CDU) und Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) haben eine gemeinsame Erklärung unterzeichnet, ein Bekenntnis zu Planung und Weiterbau der A 20 in Norddeutschland.

Die sogenannte Küstenautobahn reicht derzeit vom vorpommerschen Stralsund bis an den Stadtrand Bad Segebergs in Schleswig-Holstein. Eines Tages soll sie im Nordwesten an Hamburg vorbei bis in die Nähe von Oldenburg führen. Noch aber fehlen etwa 300 Kilometer - 120 in Niedersachsen und 80 in Schleswig-Holstein. Und die 5,6 Kilometer unter dem Fluss hindurch, das mit schätzungsweise 800 Millionen Euro Baukosten teuerste Teilstück.

Das Konzept für den Tunnel, der die längste Unterführung unter Wasser in Deutschland werden wird, steht bis ins kleinste Detail. Zurzeit gießen die Behörden beiderseits der Elbe die Planfeststellungsbeschlüsse in ihre endgültige Form. Aus formalen Gründen betreiben Niedersachsen und Schleswig-Holstein die Verfahren parallel - ein jeder bis zur Landesgrenze, die ungefähr in der Mitte des Stroms verläuft. Schleswig-Holstein leitet die Planungen. Anne Neumann, Sprecherin des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in Hannover, sagt: "Wir rechnen damit, dass wir für diesen Abschnitt noch in der zweiten Jahreshälfte Baurecht haben werden." Ähnlich äußert sich ihr Amtskollege im Ministerium für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr in Kiel, Harald Haase: "Spätestens Ende 2012 werden wir Baurecht haben, inklusive Elbtunnel. "

Anschließend geht's erst richtig ans Eingemachte. Ans Bezahlen. Harald Haase: "Es gibt die Zusage vom Bund, dass - sobald Baurecht vorliegt - auch ein Weg der Finanzierung gefunden werden soll." Er habe von einem recht umfangreichen Gutachten gehört, das zurzeit im Bundesverkehrsministerium in Berlin ausgearbeitet werde und in dem unterschiedliche Modelle für den Tunnelbau eruiert und durchgerechnet würden. Haase rechnet damit, dass alles auf ein sogenanntes ÖPP-Modell hinauslaufen wird. Und Anne Neumann aus dem Ministerium in Hannover sagt: "Der Bund prüft zurzeit ein ÖPP-Modell auf Eignung."

ÖPP steht für öffentlich-private Partnerschaft und bedeutet so viel, dass ein privater Investor das Projekt auf eigene Kosten realisiert und nach Fertigstellung für einen zuvor vertraglich vereinbarten Zeitraum Einnahmen daraus generieren kann. Im Falle des Elbtunnels wären das mit Sicherheit die Gebühren, die aus der Lkw-Maut anfallen. Die Ministeriumssprecher Neumann und Haase halten es aber auch für durchaus denkbar, dass Pkw-Fahrer zur Kasse gebeten werden könnten. Die Elbpassage ist auch heute kein Schnäppchen. Zwei Personen mit Auto zahlen für eine Fahrt mit der Fähre Wischhafen-Glückstadt - je nach Fahrzeuggröße - neun bis zwölf Euro.

Gisela Schütt, Leiterin der für die Planung auf niedersächsischem Gebiet zuständigen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Stade, rechnet damit, dass bis zu 40 000 Fahrzeuge pro Tag durch den neuen Tunnel fahren werden. Bis es so weit ist, dürfte aber noch einige Zeit vergehen. Die Planungen gehen von einer sechsjährigen Bauzeit aus. Ein Tunnelbohrer soll sich Zentimeter um Zentimeter von Schleswig-Holstein aus unter der Elbe hindurch in Richtung Altes Land bewegen. Er dürfte ungefähr zwei Meter am Tag schaffen. "In Niedersachsen angekommen, soll der Bohrer auf einen Lastwagen geladen und zurück nach Schleswig-Holstein transportiert werden - um, zehn Meter von der ersten entfernt, eine zweite Röhre zu schaffen. "Alle 300 Meter wird es einen Querschlag geben, der beide Röhren miteinander verbindet", sagt Gisela Schütt. An der tiefsten Stelle werde der Tunnel etwa 20 Meter unter dem Wasser der Elbe verlaufen.

Ministerpräsident McAllister erhofft sich von dem Projekt positive Impulse für die ganze Region. Er sagte nach Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung: "Die Küstenautobahn ist für die weitere wirtschaftliche Entwicklung in Niedersachsen und im gesamten Norden sehr wichtig."

Für die Grünen-Bundestagsabgeordnete Valerie Wilms aus Wedel hingegen ist die Erklärung zur A 20 "das Papier nicht wert, auf dem sie geschrieben ist". Es handele sich schlicht und einfach um Wahlkampfhilfe von Bundesminister Ramsauer für die Nord-CDU von de Jager. Denn rechtlich verbindlich, sagt Wilms, sei die Vereinbarung nicht. Auch eine Finanzierung werde dadurch nicht sichergestellt. De Jager solle einfach mal in den Bundeshaushalt und den Straßenbauplan schauen, denn dort stünden selbst für den kurzen Abschnitt der Autobahn 20 bis Wittenborn gerade einmal knapp zehn von fast 140 Millionen Euro zur Verfügung.

Wilms: "Der Rest der A 20 bis zur Elbe ist absolut ungeklärt." Wenn de Jager Geld für eine Autobahn wolle, habe dies der Haushaltsausschuss des Bundestages zu entscheiden, nicht der Bundesverkehrsminister. Auch die Finanzierung des Elbtunnels sei vollkommen offen. "Keiner weiß, ob sich jemals ein privater Finanzierer dafür findet."