Der Verband fordert von der Politik einen Koordinator für die Sportstättennutzung. Die Arbeitsgemeinschaften sind auch eine Chance für die Klubs.

Kreis Pinneberg. Der Kreissportverband (KSV) schlägt Alarm: Der Ganztagsunterricht in den weiterführenden Schulen bedrohe das Vereinsleben, sagt KSV-Geschäftsführer Karsten Tiedemann. In einem Gespräch mit der SPD-Kreistagsfraktion fordert der Sportfunktionär einen Sportkoordinator, der im Kreis Pinneberg für einen gerechten Ausgleich bei der Nutzung der Sportstätten zwischen Vereinen und Schulen sorgen soll. "Schulen und Sportvereine sind Bildungsträger. Sie brauchen einander. Aber was sie auf keinen Fall brauchen, ist ein Verdrängungswettbewerb."

"Das große Problem aus Sicht der Vereine ist der Nachmittagsunterricht an den Schulen", sagt Tiedemann. Wenn die Sporthallen und -plätze zunehmend von 8 bis 17 Uhr von den Schülern in Beschlag genommen werden, bleibe für die 190 Sportvereine und ihre 83 000 Mitglieder im Kreis Pinneberg nicht mehr viel Zeit und Raum übrig. "Dann fliegen die Sportvereine aus den Hallen raus."

Im schlimmsten Fall hätten die Vereine nur noch die Abendstunden für eigene Übungszwecke und ihre Trainingsgruppen zur Verfügung, sagt Tiedemann. Und da kollidierten die Trainingszeiten der Kinder und Jugendlichen mit denen der Älteren. "Dann müssten die Erwachsenen vielleicht in die Vormittagsstunden ausweichen."

Zudem berge die Ganztagsschule die Gefahr, dass den Schülern nach dem ganzen Unterrichtsstress bis in den späten Nachmittag die körperliche und geistige Fitness und Motivation fehle, sich noch im Sportverein zu engagieren. Diese Entwicklung zu Ende gedacht, könnte es auf lange Sicht das Aus für den Wettkampfsport bedeuten, warnt Sönke P. Hansen, stellvertretender KSV-Vorsitzender und zugleich Geschäftsführer des größten Sportvereins VfL Pinneberg.

"Dann hätten wir hier bald amerikanische Verhältnisse, wo der Sport praktisch nur noch in den Schulen betrieben wird." Die Vereine wären dann überflüssig, es drohe eine Kommerzialisierung des Sports. Das könne niemand wollen, dass die gewachsene Vereinskultur in Deutschland auf dem Spiel steht, appelliert Hansen an die Entscheidungsträger in Verwaltung und Politik. "Die Sportvereine führen die Menschen zusammen. Sie haben eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Das darf nicht verloren gehen."

Darum fordert der Kreissportverband eine Koordinierungsstelle, die einen Ausgleich schafft zwischen den Interessen der Vereine und der Schulen. Tiedemann. "Wir benötigen dringend ein Headquarter, das diesen Prozess steuert." Daran sollten neben den Vereinen und Schulen die Schulräte, die Sportausschüsse auf Orts- und Kreisebene, der Jugendhilfeausschuss, der Kreisjugendring, die Volkshochschulen und die Schulsozialarbeit beteiligt werden, fordert er. Der Kreissportverband habe dieses Thema jüngst auch auf Landesebene zur Sprache gebracht.

Die SPD-Kreistagsfraktion zeigte großes Verständnis für diese Problematik und versprach, die Arbeitsgruppen zusammenzuführen und die Diskussion zu moderieren, wie der amtierende Fraktionschef Hans-Peter Stahl sagte. "Die Politik muss für eine Kooperation der Vereine auf Augenhöhe mit den Schulen sorgen. Das ist zurzeit nicht überall gegeben."

Gut klappt dies bereits in Elmshorn berichtet Uwe Hönke. Der Ganztagsunterricht biete den Sportvereinen auch Chancen, ist der EMTV-Geschäftsführer überzeugt. So leiteten EMTV-Trainer schon an einer Grundschule und zwei Gemeinschaftsschulen in Elmshorn Ballsport-AGs. Und an zwei Schulen biete der Verein im Übergang von Vormittags- zum Nachmittagsunterricht aktive Pausengestaltung an, die die Schüler zu sportlicher Aktivität animiert. "Wir sind da schon ziemlich breit aufgestellt", sagt Hönke. "Die Zusammenarbeit mit den Schulen klappt sehr gut." Er kann sich sogar vorstellen, dass sein Verein, der 4800 Mitglieder, davon 2200 Jugendliche zählt, eine reguläre Schulsportabteilung gründet.

"Die Vereine müssen dies als Chance begreifen. Wir erreichen nämlich in den Schulen auch viele Kinder aus Migrationsfamilien, die bislang im organisierten Sport noch unterrepräsentiert sind."