Zeugen berichten über die Persönlichkeitsentwicklung des Pinneberger Islamisten

Pinneberg/Schleswig. Am zweiten Prozesstag gegen den Pinneberger Islamisten Harry M. vor der Staatsschutzkammer des Oberlandesgerichts Schleswig stand die Persönlichkeitsentwicklung des 20-Jährigen im Mittelpunkt. Er ist angeklagt, ausländische Terrorgruppen unterstützt zu haben. Zeugen berichteten, dass es mit Harry M. - er lebte zuletzt bei seiner Mutter in Neumünster - von Kindesbeinen an nur Ärger gab. So wurde die Aussage von seiner älteren Schwester Patricia M. verlesen. Sie ist gerade Mutter geworden und sagte daher nicht persönlich aus. Aus ihrer polizeilichen Vernehmung ging hervor, dass der 20-Jährige bereits als Kind anderen die Sachen wegnahm. 2009, nachdem seine Mutter ihn rauswarf, wohnte Harry M. zwei Monate bei der Schwester und ihrem jordanischen Partner. Der soll Harry M. für den Islam begeistert haben.

Im Zusammenleben mit dem Bruder gab es laut Patricia M. nur Ärger. Er habe bis mittags im Bett gelegen und stundenlang vor dem Computer gesessen. Als Harry M. dort seine Zelte abbrechen musste, kam er in eine Wohngruppe für schwer erziehbare Jugendliche in Elmshorn. Deren Leiterin sagte als Zeugin aus, Harry M. sei bei seinem Einzug bereits zum Islam übergetreten, habe jedoch normale Kleidung getragen. Erst als er zwei Glaubensbrüder in einer Elmshorner Moschee kennenlernte und mit ihnen Hamburger Moscheen besuchte, habe er sich zusehends radikalisiert. Er ersetzte Jeans und Turnschuhe durch einen Kaftan und habe mehrfach geäußert, nach Libyen zu gehen, sich dort zum Imam ausbilden zu lassen und in Deutschland eine Moschee leiten zu wollen. "Ich habe Sorge gehabt, Harry ist einer, der eines Tages einen Anschlag begehen könnte", so die Sozialpädagogin. Sie wandte sich an die Polizei - und nahm Harry M. aus der Wohngruppe. Zuvor habe er noch einen lernbehinderten Mitbewohner zum Glaubensübertritt bewegt und ihm "einen Urlaub in Afghanistan" schmackhaft gemacht.

Auch in der Jugendhaft in Hahnhöfersand hat Harry M. laut dessen Leiter versucht, Mithäftlinge zu bekehren. Er kritzelte den Schriftzug "I love Al Qaida" auf den Matratzenbezug. Der Prozess wird Dienstag fortgesetzt.