Die Kreisverwaltung Pinneberg lehnt die 4,7 Millionen Euro-Forderung der Sana AG ab und verlangt stattdessen Kreditzinsen zurück.

Kreis Pinneberg. Beide Seiten betonen, wie partnerschaftlich sie zusammenarbeiten möchten. Und doch stehen die Positionen unversöhnlich gegenüber und werden mit einem öffentlichen Säbelrasseln begleitet. Die Sana AG, seit November 2009 Hauptgesellschafter der Pinneberger Regio-Kliniken, fordert vom Kreis Pinneberg, dem noch 24,9 Prozent des Krankenhausbetriebes gehören, 4,7 Millionen Euro wegen angeblicher Mängel aus jener Zeit, als der Kreis noch alleiniger Gesellschafter war. Landrat Oliver Stolz weist diese Forderung strikt zurück. "Wir können überhaupt keine Berechtigung für diese Ansprüche feststellen", sagt Stolz auf Anfrage des Abendblatts. Dies habe er auch dem Mitgesellschafter schriftlich so mitgeteilt, der den Kreis aufgefordert hatte, sich bis Ende Januar dazu zu äußern.

Damit nicht genug: Der Kreis fordert seinerseits die Regio-Kliniken auf, die inzwischen auf eine halbe Million Euro angewachsenen Kreditrückzahlungen fortzusetzen. Der Kreis Pinneberg hatte den Regio-Kliniken im Jahr 2010 ein Darlehen in Höhe von 14 Millionen Euro gewährt, um das umstrittene Sale-and-lease-back-Finanzierungsmodell abzulösen.

Dieses Darlehen ist mit vier Prozent verzinst, sodass die Regio-Kliniken dem Kreis jährlich etwa eine halbe Million Euro zu zahlen haben. Diese Summe haben die Regio-Kliniken mit den Ansprüchen aus dem Kommunalen Schadensausgleich für Ärztefehler verrechnet, wofür der Kreis auch nach dem Verkauf der Gesellschaftsanteile noch vollständig allein aufkommen muss. 2010 waren dafür 840 000 Euro fällig, 2011 nur noch 500 000 Euro.

Gleichwohl beteuert der Kreisverwaltungschef: "Diese Angelegenheit wird unser partnerschaftliches Verhältnis zu Sana nicht stören. Wir pflegen einen engen Kontakt mit der Geschäftsführung." Das sieht Regio-Hauptgeschäftsführer Otto Melchert genauso: "Wir sind an einer partnerschaftlichen Lösung interessiert."

Im Einzelnen geht es dabei um drei Bereiche: um ein altes Darlehen aus den 1990er Jahren, das der Kreis den Kreiskliniken und später den Regio-Kliniken bediente. Dann ist es der Brandschutz für das ehemalige Kreiskrankenhaus Uetersen, der strittig ist. Und der dritte Punkt, für den Sana einen finanziellen Ausgleich vom Kreis Pinneberg haben will, betrifft die Trinkwasseranlage am Klinikum Pinneberg, die vor zehn Jahren angeblich nicht fachgerechnet erneuert worden sei.

Das Darlehen, das der Kreis jährlich mit rund 300 000 Euro bediente, hat er eingestellt, als der Verkauf an Sana rechtskräftig wurde. 1,7 Millionen Euro sind hier noch fällig. Im Kaufvertrag mit Sana sei darüber nichts vermerkt, sagt Landrat Stolz. "Aus unserer Sicht war das ein Zuschuss, den wir für unsere 100-Prozent-Gesellschaft übernommen hatten." Eine Weiterzahlung hätte vertraglich geregelt sein müssen. So ist Stolz' Standpunkt. Das sei nicht geschehen.

Bei den Brandschutzauflagen geht es um die Umwidmung des ehemaligen Klinikgebäudes in Uetersen zur Verwaltungszentrale. Noch die frühere Geschäftsführung um Alexander Schlick hätte die Baugenehmigung für die Nutzungsänderung zum Verwaltungsgebäude beantragt, erklärt Stolz. Die Genehmigung mit den aufwendigen Brandschutzauflagen, die Sana mit einer halben Million Euro beziffert, sei zwar erst nach dem Verkauf erteilt worden. Aber Sana sei dieser Vorgang bekannt gewesen. "Die haben sich bei mehreren Begehungen ein Bild von den Räumlichkeiten gemacht. Da sind auch Techniker von Sana dabei gewesen." Insofern könne der private Krankenhaus-Konzern, der bundesweit 40 Kliniken betreibt, nicht überrascht gewesen sein, dass das alte Gebäude in Uetersen brandschutztechnisch nicht auf dem neuesten Stand war. Stolz: "Dass die vier Standorte der Regio-Kliniken nicht 100-prozentig funktionstüchtig waren zum Zeitpunkt des Verkaufs liegt auf der Hand. Sonst hätten wir ja nicht verkaufen müssen." Im Übrigen habe die Sana AGbislang nicht belegen können, dass diese Brandschutzauflagen nur so und nicht anders zu beheben seien, wie es das Unternehmen darstellt.

Den größten Brocken mit 2,5 Millionen Euro stellt die Bemängelung der Trinkwasseranlage des Klinikums Pinneberg dar. So sei beim Neubau des Bettentraktes vor zehn Jahren eine ungeeignete Wasserversorgung installiert worden, die einen Keimbefall mit Legionellen begünstige. Nur mit Hilfe aufwendiger Wartungsarbeiten, die jedes Jahr eine Viertelmillion Euro kosteten, um 1000 Wasserfilter auszutauschen, sei dieses Problem zu lösen. Eine Aussage, die Landrat Stolz kalt lässt. Zum einen fehlten Belege, die dies bestätigten. Zum anderen funktioniere ja offenbar die Trinkwasseranlage in dem Klinikum. Jedenfalls musste deshalb in zehn Jahren in keiner Weise der Klinikbetrieb eingeschränkt werden. Legionellen-Befall sei ohnehin ein Problem, das in so gut wie allen öffentlichen Gebäuden auftreten könnte, wenn die Wasserleitungen nicht sorgsam überwacht würden. "Das ist Betreibersache", sagt Stolz. "Eine Gesundheitsgefahr besteht nicht."

Dem Hauptausschuss des Kreistages wird Stolz diese Rechtsposition am kommenden Mittwoch erläutern. "Wir sind gute Mutes, dass wir diese Ansprüche von Sana nicht erfüllen müssen."

Zudem nimmt Stolz die Politik in Schutz. Den politischen Gremien des Kreises sei in keiner Weise ein Vorwurf zu machen. Dass kaufvertragliche Dinge irgendwelche Versäumnisse aufwiesen, die diese Rechtsansprüche von Sana bestätigten, sei nicht der Fall.

Das letzte Wort scheint in dieser Sache allerdings noch nicht gesprochen zu sein. Sana halte an seinen finanziellen Forderungen fest, sagt Kliniksprecher Sebastian Kimstädt. Ob es deshalb aber nun zum Rechtsstreit vor Gericht kommen wird, bleibt abzuwarten.