Im Wettbewerb um den Standort für ein Kombi-Kraftwerk stehen Wedels Chancen gut. Das 400-Millionen-Euro-Projekt soll 2016 ans Netz gehen.

Wedel. Wenn alles glatt läuft, geht 2016 in Wedel ein Gas- und Dampfturbinenkraftwerk (GuD) ans Netz, das auch Windenergie speichern kann und damit im Kreis Pinneberg einzigartig und auch bundesweit selten ist. Mehr als 400 Millionen Euro lassen sich der Energieversorger Vattenfall und die Hansestadt Hamburg als Partner des "Energiekonzepts für Hamburg" das Kombikraftwerk kosten. Wie schon der mehr als 50 Jahre alte Wedeler Steinkohlemeiler, der spätestens 2017 vom Netz genommen wird, soll das moderne Kraftwerk knapp 200 000 Haushalte im Hamburger Westen mit Energie versorgen.

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Dass der Meiler gebaut wird, ist sicher. Er gehört zu den Kernpunkten des "Energiekonzepts", mit dem Hamburg die Wende von Atomstrom hin zu Erneuerbaren Energien anstrebt, und würde die politisch umstrittene 12,4 Kilometer lange Fernwärmeleitung vom Kohlekraftwerk Moorburg nach Altona ersetzen. Offen ist bislang, ob Wedel oder Stellingen als Standort das Rennen machen. Jetzt stellten die Vattenfall-Spezialisten Martin Erker und Karl Lüder Details des Projekts während der jüngsten Sitzung des Wedeler Planungsausschusses zum ersten Mal der Öffentlichkeit vor. Zwar ist das Verfahren nicht neu, mit Hilfe von Erdgas Wasser zu erhitzen und mit dem Dampf Turbinen anzutreiben, um auf diese Weise Strom zu produzieren. Neu an dem Modell ist die Kombination mit gewaltigen Energiespeichern. In den maximal 60 000 Kubikmeter fassenden Elementen lässt sich überschüssige Windenergie speichern.

Diese flexible Speicherung ist für eine Stromgewinnung durch Windkraft von zentraler Bedeutung, weil Wind eben nicht gleichmäßig zur Verfügung steht. Bei Sturm entsteht ein Überschuss, bei Flaute ein Strom-Minus. Die Kombination GuD-Kraftwerk plus Speicher kann Hunderte Megawatt aus regenerativer Stromproduktion für etwa zehn Stunden abfedern. Das entspricht nach Vattenfall-Angaben der Leistung eines größeren Windparks. Außerdem sollen Elektroboiler Windstrom in Wärme umwandeln. "Die Umwandlung von Windkraft in Wärme ist schon länger möglich. Sie war aber früher nie Thema, weil sie sich nicht wirtschaftlich betreiben ließ", sagt Vattenfall-Sprecher Stefan Kleimeier. Jetzt haben die Vorzeichen sich verändert. Wirtschaftlichkeit ist vor dem Hintergrund der angestrebten Energiewende nicht länger das einzig ausschlaggebende Kriterium. "Eine Chance für neue Ideen", sagt Kleimeier. Wedel wäre nicht der erste Kombikraftwerk-Standort in der Metropolregion. Der Wärmespeicher am GuD-Kraftwerk Tiefstack soll nach Vattenfall-Angaben noch früher fertiggestellt werden.

Zurzeit betreibt Vattenfall das Genehmigungsverfahren parallel für beide Standorte. Mitte 2012 soll eine Entscheidung für Wedel oder Stellingen fallen. Wenn alle baurechtlichen Voraussetzungen erfüllt sind, peilt Vattenfall als Baubeginn nach Angaben von Kleimeier das Jahr 2014 an. Da der Bau etwa zwei Jahre dauern würde, wäre dann rechtzeitig vor dem Abschalten des alten Kohlekraftwerks 2016/17 der Neubau betriebsbereit.

Konkret geht es am 29. Februar weiter. Dann werden die Parameter für die Umweltverträglichkeitsprüfung festgelegt. Auch die Baugenehmigung durch die Stadt Wedel steht noch aus. Die dürfte allerdings von den politischen Entscheidungsträgern problemlos erteilt werden. So stehe der für das Projekt zuständige Planungsausschuss dem Kraftwerksbau "grundsätzlich aufgeschlossen" gegenüber, sagte Ausschusschef Michael Schernikau (CDU). "Wir sind guter Hoffnung, dass Vattenfall den genehmigten Kraftwerksstandort nicht aufgeben wird." Die Politiker hoffen auf höhere Gewerbesteuereinnahmen, weil der neue Meiler ertragreicher arbeiten würde als der bestehende. Außerdem würde die Ansiedlung Arbeitsplätze schaffen. Konkrete Angaben dazu macht Vattenfall zwar nicht. An vergleichbaren Standorten arbeiten allerdings im Schnitt 30 Mitarbeiter. Sollte Vattenfall das Kombikraftwerk nicht in Wedel bauen, entfielen sowohl die Gewerbesteuereinnahmen als auch die Arbeitsplätze.

Betrachtet man die Fakten, stehen Wedels Chancen nicht schlecht. Anders als am potenziellen Stellinger Standort verfügt Vattenfall in der Rolandstadt bereits über die Genehmigung zum Betrieb eines Kraftwerks. Auch die Infrastruktur ist schon vorhanden. Vattenfall könnte beispielsweise die bestehende Fernwärmeleitung, die 110-Kilovolt-Schaltanlage und das Wasser- und Abwassersystem weiter nutzen. Nur den für das Projekt erforderlichen Gasanschluss müsste der Energieversorger erst von der Trasse her legen, die bei Hetlingen unter der Elbe hindurchführt.