Schüler untersuchen, welche Probleme Menschen mit Behinderungen im Alltag haben

Pinneberg. Draußen herrscht klirrende Kälte. Kira und Lennart sind in Pinneberg unterwegs. Der 12-jährige Schüler sitzt im Rollstuhl. An einigen Stellen muss Kira schieben, weil ihr Klassenkamerad allein nicht zurecht kommt. Die beiden passieren mit Mühe den Marktplatz. Wo Schnee liegt, wird es für Lennart noch schwerer voranzukommen. Dann steht er auf. Viele Fußgänger schauen ungläubig, als er mit Kira den Platz tauscht.

Eine Behinderung hat keiner der beiden Brahms-Schüler. Der Grund ihrer Rollstuhl-Tour ist ein anderer. Alle 29 Schüler der Klasse 7d haben überprüft, wie barrierefrei sich die Kreisstadt präsentiert. "Die Schüler sollen herausfinden, wie es den Menschen mit Behinderung geht, die bei alltäglichen Dingen auf einen Rollstuhl angewiesen sind", erklärt die Religionslehrerin Birte Andersen. Schon zum zweiten Mal begleitet sie ihre Schüler bei einem Projekt dieser Art. Die Rollstühle dafür hat das Pinneberger Sanitätshauses leihweise zur Verfügung gestellt.

"Das Projekt ist toll", sagt Kira. "So lernt man andere Sichtweisen kennen." Lennart stimmt ihr zu. "Man hat viel mehr Respekt vor Rollstuhlfahrern. Das ist echt anstrengend", sagt der Schüler. "Schon die kleinste Unebenheit macht uns große Probleme." Erkundet haben die beiden unter anderem die Drostei. Mit bescheidenem Erfolg: Die Treppen am Haupteingang sind viel zu steil und einen Fahrstuhl gibt es nicht.

Anschließend berichten die Schüler Bürgermeisterin Kristin Alheit von ihren Erlebnissen. Auch Klaus Stieghorst, dem Fachbereichsleiter für Stadtentwicklung, hat interessiert zugehört.

"In vielen Geschäften hatten wir Probleme, da die Gänge zu schmal sind", sagen die Schüler. "Alltägliche Dinge werden zum Problem." Auch Fahrkartenautomaten und sogar ein Münztelefon sind kaum zu benutzen.

"Das Pinneberger Stadtmuseum könnten wir nicht besuchen", berichtet die Klasse. Und sogar beim Rathaus fällt das Urteil kritisch aus. Zwar gibt es einige Türöffner und einen Fahrstuhl, dieser ist aber ist sehr eng.

Nach dem Vortrag ist die Bürgermeisterin gefragt. "Wir kennen die Probleme", sagt Alheit. "Manches haben wir schon verändert, zum Beispiel die Türöffner im Rathaus. Aber das ist auch sehr teuer." Klaus Stieghorst erklärt den Schülern das Problem mit den älteren Gebäuden. "Wenn wir heute etwas neu bauen, muss es barrierefrei sein. Probleme gibt es deswegen vor allem bei alten Gebäuden." Dafür haben die Schüler Verständnis, abwimmeln lassen sie sich trotzdem nicht.

"Man müsste einen Stadtplan für Rollstuhlfahrer erstellen", sagt eine Schülerin. Die Klasse schlägt der Bürgermeisterin vor, mit den Geschäften als Sponsoren ein Modell zu erarbeiten. Kristin Alheit findet die Idee gut und sagt, sie wolle mit dem Seniorenbeirat darüber sprechen, da ein solcher Stadtplan auch für Gehwagen-Nutzer interessant wäre. Die Plakate mit den Ergebnissen von Lennart, Kira und den anderen Schülern hat sie sich in ihr Dienstzimmer gehängt.