Gespaltene Meinungen zur Helmpflicht: Bundestagsabgeordnete von CDU und Grünen sind gegen gesetzliche Regelung, SPD-Mann dafür.

Pinneberg/Hamburg/Berlin. 381 Fahrradfahrer starben 2010 auf Deutschlands Straßen, vier davon laut Verkehrsunfall-Statistik der örtlichen Polizei im Kreis Pinneberg. Erst vor wenigen Tagen kam es in Elmshorn erneut zu einem Radunfall mit tödlichen Folgen. Die häufigste Todesursache waren Kopfverletzungen - Schutzhelme hätten vermutlich das Leben vieler Radler retten können. In Hamburg sind sich SPD und CDU einig, eine Gesetzesinitiative in den Bundesrat einzubringen, die darauf abzielt, eine bundesweite Helmpflicht für minderjährige Radfahrer einzuführen. Bei Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) könnten die Hamburger offene Türen einrennen. "Sollte die Tragequote in den nächsten Jahren nicht über 50 Prozent steigen, muss man auch über gesetzliche Regeln nachdenken", sagte Ramsauer dem Abendblatt.

Ein klares Votum für eine gesetzliche Helmpflicht für junge Leute kommt von Ernst Dieter Rossmann, SPD-Bundestagsabgeordneter aus Elmshorn. "Es ist klar, dass der Helm schützt, vor allem vor Kopfverletzungen. Ich unterstütze deshalb eine Helmpflicht für Kinder unter 14 Jahren", sagte Rossmann. Eine solche Helmpflicht biete keinen absoluten, aber einen verbesserten Schutz, sagt der Sozialdemokrat.

Ganz anders äußert sich auf eine Anfrage des Abendblatts Ole Schröder, CDU-Bundestagsabgeordneter für den Kreis Pinneberg aus Rellingen. "Radfahrer sollten weiter selbst entscheiden dürfen, ob sie einen Helm tragen oder nicht. Eltern tragen die Verantwortung, dass ihre Kinder durch einen Helm geschützt sind", sagte der Staatssekretär im Bundesinnenministerium.

+++ Gesetzliche Regelung in Österreich und Schweden +++

Ähnlich Valerie Wilms aus Wedel, Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen: "Ich empfehle einen Helm und werbe dafür, zwingen möchte ich aber niemanden."

Die große "Helm-Koalition" aus Hamburg, zu der auch Innensenator Michael Neumann ("Für Kinder befürworte ich die generelle Helmpflicht uneingeschränkt") von der SPD gehört, führt an, dass laut einer Statistik der Unfallforschung der Versicherer für Helm tragende Radfahrer im Falle eines Unfalls ein deutlich kleineres Risiko besteht, am Kopf verletzt zu werden. Demnach bleiben 73 Prozent der Helmträger nach einem Zusammenprall mit einem Auto am Kopf unverletzt, ohne Helm kamen indes nur 46 Prozent ohne Kopfverletzungen davon. "Ziel ist es, die Helmtragequote zu erhöhen", sagt der Verkehrsexperte der Hamburger CDU, Klaus Peter Hesse. Nur durch Aufklärung und Appelle sei die Akzeptanz in den vergangenen Jahren nicht erhöht worden, so der Christdemokrat. Hier widerspricht sein Parteifreund aus dem Kreis Pinneberg. "Wie das Beispiel Australien gezeigt hat, führt eine allgemeine Helmpflicht dazu, dass weniger Rad gefahren wird", sagte Ole Schröder. In Hamburg sind GAL, Linke und FDP gegen eine Helmpflicht, bundesweit gibt es derweil Zustimmung zu Peters Ramsauers Bestrebungen unter anderem von Thüringens Verkehrsminister Christian Carius (CDU) und dessen Amtskollegen aus Stuttgart, Winfried Hermann von den Grünen.

Auch Valerie Wilms von den Grünen will weiter an die Vernunft aller Verkehrsteilnehmer appellieren: "Es muss in erster Linie um mehr Rücksichtnahme und ein besseres und sichereres Radwegenetz gehen, nicht um neue Pflichten oder Verbote. Wir brauchen keine höheren Strafen und keine Aufrüstung der schwächeren Verkehrsteilnehmer, sondern ein Klima des gegenseitigen Respekts und der Vorsicht."

Wie groß ist die Helmtragequote unter jungen Menschen im Kreis Pinneberg? "Bis zur vierten Klasse ist diese Quote sehr hoch", sagte Carsten Wegner, erfahrener Verkehrserzieher der Polizeidirektion Segeberg. "Ab der fünften, sechsten Klasse tragen die Jugendlichen seltener den Helm, frei nach dem Motto: Ich bin ja schon groß." Der Polizist sieht die Eltern gefragt, beim Kauf eines Helms nicht nur unbedingt auf Sicherheitsstandards zu achten, sondern auf Wünsche der Kinder einzugehen. "Der Helm schützt nur, wenn er absolut richtig sitzt. Und er muss optisch akzeptiert werden", sagte Wegner.