Der 41-jährige Ingo W. hat im Juni den türkischen Kulturverein in Elmshorn angezündet. Dafür muss er mehr als drei Jahre hinter Gitter.

Elmshorn/Itzehoe. Als Richter Eberhard Hülsing am Mittwochnachmittag das Strafmaß verkündete, war Ingo W. seine Erleichterung deutlich anzumerken. Der 41-jährige Elmshorner, der am 26. Juni 2011 in den türkischen Kulturverein am Wedenkamp gestürmt war, dort Benzin ausschüttete und in Brand setzte, kommt mit einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten glimpflich davon. Die Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe verurteilte den Angeklagten wegen besonders schwerer Brandstiftung und gefährlicher Körperverletzung. Den Anklagepunkt "Versuchter Mord" ließen die Richter fallen. Der Haftbefehl gegen Ingo W. bleibt aber in Kraft.

"Es ist nur einem glücklichen Zufall zu verdanken, dass niemand zu Schaden gekommen ist", resümierte Richter Hülsing. Als Ingo W. um kurz nach 23 Uhr - bewaffnet mit einem Benzinkanister, einem Beil und einem Filettiermesser - durch die Hintertür in den Kulturverein stürmte, hielten sich 18 Personen türkischer Abstammung dort auf. Viele weitere Menschen befanden sich in den darüberliegenden Wohnungen, einige schliefen bereits. Hülsing: "Sie haben dann mit schwenkenden Bewegungen den Kanister ausgegossen und ein brennendes Feuerzeug in die Pfütze geworfen." Die Einlassung des Angeklagten, er habe nur ein Loch in den Teppich brennen wollen, werteten die Richter als Schutzbehauptung.

"Es muss ihnen klar gewesen sein, dass mehr entsteht als nur ein Loch im Teppich", hielt Hülsing Ingo W. vor. Dieser habe sich zudem sofort entfernt und keine Anstrengungen unternommen, das von ihm ausgelöste Feuer zu löschen. Zudem sei den Gästen lediglich eine Fluchtmöglichkeit durch die Vordertür geblieben, weil der Hinterausgang durch das Feuer blockiert war. Hülsing: "Dass für die Menschen in dem Café eine konkrete Gefahr bestand, lag für den Angeklagten auf der Hand."

Dennoch habe Ingo W., der zum Tatzeitpunkt einen Alkoholwert von 2,42 Promille hatte, nicht mit Tötungsvorsatz gehandelt. "Wir haben Zweifel, dass der Angeklagte überhaupt in der Lage war, sich eine Vorstellung davon zu machen, was alles hätte passieren können", erläuterte der Richter. Er verwies auf den psychiatrischen Sachverständigen Klaus Behrendt, der dem Angeklagten eine "Handlung im Affektstau" attestiert hatte. Demnach litt Ingo W. zum Tatzeitpunkt unter einer "tiefgreifenden Bewusstseinsstörung" - ausgelöst durch den permanenten Lärm, der von dem türkischen Kulturverein ausging. Hülsing: "Das Gutachten hat uns überzeugt." Daher sei dem Angeklagten eine stark verminderte Schuldfähigkeit zuzubilligen, was das Strafmaß erheblich reduzierte.

Staatsanwältin Sarah Führer hatte für Ingo W. sechs Jahre Haft beantragt - und auch eine Verurteilung wegen versuchten Mordes gefordert. "Sie haben billigend in Kauf genommen, dass andere Menschen zu Tode kommen." Auch der hohe Schaden von 800 000 Euro sei strafverschärfend zu werten.

Die beiden Verteidiger Christoph Heer und Franziska Hammer forderten dagegen, die Mordanklage fallenzulassen. Heer: "Über den Umstand, dass jemand zu Tode kommen könnte, hat mein Mandant überhaupt nicht nachgedacht. Er hat das auch nicht billigend in Kauf genommen." Beide Juristen machten deutlich, dass der ständige Lärm den Angeklagten regelrecht in den Wahnsinn getrieben habe. "Er war in der Situation einfach nicht mehr klar bei Verstand", ist Franziska Hammer überzeugt. Die Verteidiger forderten lediglich eine Verurteilung wegen einfacher Brandstiftung - zu einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten.

Mit dem Urteil waren dann weder Staatsanwaltschaft noch Verteidigung zufrieden. "Ich bin von anderen Voraussetzungen ausgegangen und werde daher das Urteil sehr genau prüfen", kündigte Staatsanwältin Führer an. Und auch die beiden Verteidiger erwägen, Revision einzulegen. "Wir sind zufrieden, dass der Tötungsvorsatz vom Tisch ist. Weniger zufriedenstellend ist, dass ein besonders schwerer Fall der Brandstiftung angenommen wurde und das Strafmaß über unserem Antrag liegt", so Verteidiger Heer.