Er begann das Klavierspielen mit sechs. Nach 40 Jahren im Klassikzirkus findet Mathias Christian Kosel in Wedel eine berufliche Heimat

Wedel. Er war Assistent von August Everding und John Neumeier, Solo-Repetitor von Opernstars wie Elisabeth Schwarzkopf und Birgit Nilsson, Hauspianist beim ZDF. Er arbeitete mit Justus Frantz und Leonard Bernstein, stand mit Lang Lang, Mischa Maisky und Vadim Repin auf der Bühne.

Von 1986 bis 1988 war Mathias Christian Kosel der erste musikalische Leiter der Hamburger Musicalproduktion "Cats", wirkte bis 1990 als Pianist und dirigentischer Berater beim damals noch jungen Schleswig-Holstein Musik Festival. Ebenfalls 1986 gründete er das Pops Orchestra Hamburg und leitete es bis 1988. Als Musikalischer Leiter am Altonaer Theater verantwortete er die umjubelte Musicalproduktion "Sister Soul", die 2007 als erfolgreichste deutsche Musiktheaterproduktion ausgezeichnet wurde. Aktuell macht er mit seinem Stück "Mahler - Der Teufel tanzt mit mir" an den Hamburger Kammerspielen Furore, das er zum 100. Todestag des umstrittenen Komponisten Gustav Mahler schrieb.

Dabei begleiteten die Instrumente einer weltberühmten deutschstämmigen Firma die Stationen von Kosels bemerkenswerter Karriere vom studentischen Beleuchtungsrepetitor auf 624-Mark-Basis an der Hamburgischen Staatsoper bis zum Musikalischen Leiter an Kammerspielen und Altonaer Theater.

Zwar scheiterte er als Achtjähriger in seinem ersten Steinway-Wettbewerb. Doch heute gehört er zu den handverlesenen Musikern, die die renommierten Klavierbauer zu "Steinway Artists" ernannt haben. Musik und ganz besonders das Spiel auf den schwarzen und weißen Tasten der Instrumente seines Leib- und Magenklavierbauers durchzieht das Leben des Hamburger Pianisten, Komponisten, Arrangeurs, Dozenten, Liedbegleiters und Theaterautors seit einem halben Jahrhundert. "Der Name hat mich begleitet, ich liebe diese Instrumente heiß und innig."

Selbst als Musikstudent in Hamburg, wo er bei Christoph von Dohnanyi das Dirigieren lernte, stand ein S-Flügel in seiner Bude. Mit sechs Jahren bekam der heute 56-Jährige den ersten Klavierunterricht. Knapp drei Jahre später schenkten ihm die Großeltern, bei denen er in Cuxhaven aufwuchs, den ersten Steinway. Einen Stil-Flügel mit geschwungenen Beinen und geschwungener Lyra, den sie extra hatten anfertigen lassen.

Kosel ist ein rühriger Musiker, und wahrscheinlich kann er auch gar nicht anders. "Musik ist immer in meinem Kopf, nonstop, das steht nie still."

Bernstein und Karajan verehrt er bis heute. Ihre von ihm selbst gezeichneten Portraits zieren das Studio im Wedeler Musikzentrum Schulauer Hof. Denn hier sucht Kosel nach fast 40 Jahren im internationalen Musikzirkus, in denen er oft gleichzeitig an mehreren Stücken schrieb, komponierte, dirigierte, dozierte, arrangierte und nicht zuletzt Solisten begleitete, vor allem eins: Ruhe. "Ursprünglich suchte ich nur einen bezahlbaren Raum für meinen Flügel, in dem ich üben und komponieren kann", beschreibt er den Weg nach Wedel. "Ich mache gern lange Spaziergänge und muss unbedingt Wasser in der Nähe haben." Von den Wedelern ist er begeistert. "Die Menschen hier sind verwurzelt, geerdet. Es ist ein unglaublich schönes Miteinander."

Mit dem gut besuchten Projekt "Piano an der Elbe" beim vergangenen Hafenfest setzte Kosel auch in seiner neuen beruflichen Wahlheimat eine Duftmarke. Im Jubiläumsjahr 2012 will er noch eins draufsetzen: Am 24. Juni tritt er gemeinsam mit vier Kolleginnen an gleich fünf Flügeln - selbstverständlich Steinways - am Willkommhöft auf.

Und die Elbe spielt auch eine große Rolle bei der Verwirklichung eines seiner größten Wünsche. Er träumt davon, hier seine Oper "Seefahrt tut not" nach dem Buch von Gorch Fock uraufzuführen. Das Lied "Windkind" bekamen die Wedeler schon beim Hafenfest-Gastspiel 2011 zu hören. "Für mich ist das hier einfach ein ideales Bühnengelände", schwärmt Kosel. Am liebsten würde er in dieses Projekt auch lokale Amateurkünstler wie etwa die Holmer Jagdhornbläser oder Shanty-Chöre einbinden. "Die Elbkulisse mit Finkenwerder, dem Sonnenuntergang im Westen und den ausfahrenden Schiffen ist perfekt. Ich kenne kein schöneres Terrain."