Unterschiedliche künstlerische Auffassungen und die Fülle von Pflichtaufgaben führten nach nur zwei Jahren zur Trennung

Rellingen. Nach Ablauf seines auf zwei Jahre befristeten Arbeitsverhältnisses wird Kantor Stefan Rasch die Rellinger Kirchengemeinde wieder verlassen. Die Trennung zum 30. September erfolgt, wie der Kirchenmusiker sowie die Kirchenvorstandsvorsitzende Pastorin Martje Kruse betonen, im gegenseitigen Einvernehmen.

Dass es in der kirchlichen Arbeit mit der Kantorei und dem Kantor mehr Disharmonie als die eigentlich angestrebte Harmonie gibt, ist allerdings nicht zu überhören. Rasch führt an, dass er wegen der Fülle an musikalischer Begleitung von Amtshandlungen wie Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen nicht genug Zeit habe, sich um seine künstlerische Weiterentwicklung zu kümmern. Der gewaltige Arbeitsanfall für die Routineaufgaben hat - wie Pastorin Kruse bestätigt - auch damit zu tun, dass die mehr als 250 Jahre alte Rellinger Kirche beispielsweise bei Brautpaaren so beliebt ist.

Die Mitglieder der Kantorei mit Chören und Instrumentalisten haben allerdings auch in der künstlerischen Arbeit teilweise als andere Vorstellungen als Rasch. Der Kirchenmusiker der Kategorie B (so die nicht abwertend gemeinte Amts- und Besoldungsbezeichnung) sagt: "Mir liegen nicht nur die großen Werke, sondern auch die kleinen Stücke, wie Motetten, am Herzen."

Rasch muss sich nun eine neue Stelle als B-Kirchenmusiker suchen. Gefunden hat er noch nichts. Notfalls wird er von Oktober an Arbeitslosengeld beziehen müssen. Die Kirchengemeinde wiederum braucht einen neuen Kantor. Es soll wieder ein B-Musiker werden. Allerdings ohne die Perspektive -wie noch bei Rasch zunächst vorgesehen - zum höher eingestuften A-Musiker aufzusteigen. Das hat aber auch mit der Kostenbelastung der Kirchengemeinde zu tun. Raschs Vorgänger war jahrzehntelang der vielfach anerkannte und jetzt noch einflussreiche A-Musiker und Kirchenmusikdirektor im Ruhestand Wolfgang Zilcher. Waren Zilchers Fußstapfen für Nator Stefan Rasch eine Nummer zu groß?

Die ersten Bewerbungsverfahren sind bereits im Gange. Nach einer internen Vorauswahl soll es im Juli auch öffentliche Vorspieltermine von Kantor-Kandidaten geben. "Das ist im weitesten Sinne ein bisschen so ähnlich wie bei einer Castingshow", sagt Pastorin Martje Kruse schmunzelnd.