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Gar nichts verstanden

"Streik trifft zuerst die Schüler"

"Vor dem Hintergrund, dass die Lehrer gegen schlechter werdende Unterrichtsbedingungen demonstrieren, ist es schon ein starkes Stück, den gesamten Unterricht per Streik lahm zu legen"

Hamburger Abendblatt 5./6. Juni

Ich glaube, Sie haben gar nichts verstanden. Jedenfalls erweckt Ihr Kommentar zum Lehrerstreik diesen Eindruck bei mir. Ich bin sicher, dass Ihre überbezahlten Drucker- und Journalistenkollegen nicht nachts, wenn die Zeitung fertig ist, in den Streik treten würden. Auch Ärzte, Busfahrer oder Piloten streiken nicht in ihrer Freizeit, warum also sollten Lehrer das tun? Ganz abgesehen davon, stehen zwei bis vier ausgefallene Unterrichtsstunden in einem krassen Missverhältnis zu den Stunden, die wegen zu dünner Personaldecke an den Schulen ständig ausfallen müssen. Ganz zu schweigen von den vielen Stunden, die ausfallen, weil Kolleginnen und Kollegen wegen dauernder Überlastung in viel zu großen Klassen wegen Krankheit ausfallen.

In den letzten Jahren hat man den Lehrerinnen und Lehrern nach und nach das Weihnachtsgeld, das Urlaubsgeld, fast jede Möglichkeit auf Beförderung und einen Teil der Beihilfe genommen. Gleichzeitig wurden die Wochen- und die Lebensarbeitszeit erhöht. Fortbildungen müssen nicht selten selbst bezahlt werden, ebenso schon immer ein Großteil der Arbeitsmittel.

Keiner der beteiligten Lehrer hat wegen der massiven Gehaltskürzungen (siehe oben) gestreikt, die meisten auch nicht wegen der Erhöhung der Pflichtstundenzahl (weil viele diesmal davon gar nicht betroffen sind!), sondern wegen der andauernden Verschlechterung der Bildungssituation für die Schüler.

Ein Herr Klug hätte sich offensiv und öffentlich gegen die Kürzungen in seinem Haushalt wehren müssen. Er hätte nach Alternativen suchen müssen und sich ohne wenn und aber hinter seine Kollegen stellen müssen, statt mit Disziplinarmaßnahmen zu drohen. Selbst nach einer unumgänglichen Kürzung des Bildungsetats hätte es sich gehört, dass den Mitarbeitern gegenüber Verständnis gezeigt wird. Schade, dass heute kein Politiker mehr solche Tugenden pflegt.

Michael Brinkmann, Elmshorn

Frech und anmaßend

Den oben genannten Kommentar empfinde ich als frech, anmaßend und an der Wirklichkeit vorbei. Insbesondere die Aussage, dass Lehrer/innen aktiv dazu beitragen, dass unsere Schüler/innen verblöden, entbehrt jeder Grundlage. Es sei denn, man hat noch die klischeehafte Vorstellung des Lehrerbildes mit viel Ferien, ab mittags Schluss und wenig Arbeit. Und dann noch in den Vormittagsstunden streiken? Das geht ja nun wirklich nicht! Da muss man denen doch mal zeigen, wo der Hammer hängt. Dann sollte Herr Kolarczyk mal aus der Redaktionsstube heraus in die Wirklichkeit treten (er war ja wohl auf der Veranstaltung anwesend, wie der zugehörige Bericht zeigt, aber wahrscheinlich noch nie in einer Schule). Was passiert denn tagtäglich jetzt und wahrscheinlich noch mehr in der Zukunft? Schulstunden (und zwar deutlich mehr als einmalig drei bis fünf) fallen in schöner Regelmäßigkeit wegen Unterbesetzung aus. Die Gründe dafür sind vielfältig. Einer ist der immense Stress, dem die Lehrerschaft ausgesetzt ist. Unter anderem durch verhaltensauffällige und lernunwillige Schüler. Und da kann die Schule nur ausbügeln, was in der Gesellschaft und im Besonderen im Elternhaus nicht oder nur unzureichend geleistet wird. Wenn also das nicht sehr charmante Wort der Verblödung nochmals herhalten muss, dann würde ich die Schule als letztes Glied in diesem Zusammenhang nennen wollen.

Die einzige Wahrheit, die im Kommentar steckt, ist, dass der Unterrichtsausfall viele Schüler gefreut hat. Der Rest war leider nicht dazu angetan, Verständnis für die Gesamtsituation zu wecken. Muss er vielleicht auch nicht, aber der Respekt vor der betroffenen Berufsgruppe ist schon angebracht.

Peter Fuchs, Lehrer an einer integrativen Gesamtschule

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