Es ist erschreckend

"Der Bagger zerstört christliche Werte"

"Tausende Gläubige müssen mit ansehen, wie ein Teil ihrer eigenen Geschichte und ihrer Wurzeln verloren geht"

Hamburger Abendblatt 24. April

Ihr Kommentar trifft den Nagel auf den Kopf. Es ist schon erschreckend, wie bedenkenlos in dieser Zeit christliche Kirchen verschwinden. Eine reiche Gesellschaft erledigt hier das, wovor eine Diktatur wie in der DDR und UdSSR vielfach zurückschreckte. Anlässlich eines Besuches mit einer politischen Delegation 1971 im damaligen Leningrad fiel uns die einstige Hauptkirche der Lutheranischen Christen auf, die im stalinistischen Geist zu einem Schwimmbad für Elitetruppen der Marine umfunktioniert war (mit unterirdischem Zugang zu einem Bordell, wie man nach der Wende feststellen konnte).

Die St. Petrikirche am Newski-Prospekt war ebenso ein Fanal von Intoleranz und Gotteslästerung wie die gegenüberliegende, einst orthodoxe Kasaner Kathedrale , die zum Museum des Atheismus umfunktioniert war. Schon damals war zu beobachten, wie Frauen im Bus sich bei der Vorbeifahrt bekreuzigten und Männer den Hut zogen. Die Symbolkraft der Gebäude, die ihrem entweihten Inhalt trotzten, war beeindruckend. Jenseits aller Konfessionsgrenzen saß dieser Stachel tief im Herzen aller Christen, auch der Theologen aus aller Welt, die St. Petersburg besuchten. Über zwanzig Jahre später konnte unsere Hamburger Initiative die Wiederherrichtung der St. Petrikirche einleiten, das Schwimmbad abdecken und wieder Glocken in den Turm hängen. Ich werde die Glockenfeier Mitte der neunziger Jahre nicht vergessen, als sich alte Menschen bewegt zum Gottesdienst einfanden, die hier noch gerade getauft und dann ihrer Kirche beraubt wurden. "Nun danket alle Gott" und das in deutsch, schallte über den Vorplatz, über 70 Jahre nach der Entweihung.

Peter Schmidt, Wedel

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