Vom Parkdeck aus verfolgten rund 200 Tornescher das Schauspiel über den Gleisen bei Glühwein und Snacks.

Tornesch. Der Kraftakt war schnell beendet: Nur eine halbe Stunde benötigte ein 600-Tonnen-Kran der Firma Thömen, um in der Nacht zum Sonntag auf dem Bahnhof Tornesch die neue Fußgängerbrücke vom Montageplatz an der Hamburger Straße zu liften und in die Verankerungen der Betonpfeiler beiderseits des Gleiskörpers zu setzen.

Der spektakuläre Brückenschlag lockte knapp 200 Besucher an, die gegenüber vom Edeka-Parkdeck aus die Aktion verfolgten. Das Brückenbauwerk soll nach Fertigstellung in etwa drei Monaten die von Passanten und Fahrgästen sehnlichst erwartete kurze Verbindung beiderseits der Bahntrasse schaffen.

Um die 47 Meter lange und 75 Tonnen schwere Stahlkonstruktion millimetergenau platzieren zu können, musste der Zugverkehr ruhen und der Strom in der Oberleitung abgestellt werden. Für den nächtlichen "Big-Lift" hatte die Bahn AG ein Zeitfenster von drei Stunden - zwischen ein Uhr und vier Uhr - gewährt. Bürgermeister Roland Krügel freute sich, dass in Elmshorn ebenfalls kein Zug fahren durfte: Dort wurde ein ausgedientes Brückenelement über der "Badewanne" entfernt. "Da konnten wir uns mit unserer Aktion kostenlos anhängen."

Auch wenn der Schwertransport in Tornesch aus Sicht der Zuschauer im Schneckentempo verlief: Das Zeitlimit war dermaßen reichlich bemessen, dass nie die Gefahr bestand, einen Verspätungszuschlag zahlen zu müssen. Diese Geldbuße in Höhe von 160 Euro je Minute hätte die Bahn bei Überschreitung der Vorgabe verlangt. Krügel, der mit Bauamtschef Rainer Lutz den Drahtseilakt verfolgte, versicherte mit Augenzwinkern, er werde großzügig darauf verzichten, nun die nicht genutzten Minuten gleichermaßen der Deutschen Bahn AG in Rechnung zu stellen.

Spendabel zeigte sich die Stadtverwaltung ohnehin: Damit die wetterfesten Besucher bei plus fünf Grad keine kalten Füße kriegten, schenkten Krügel und Co. Glühwein und andere Getränke aus. Außerdem gab es Backwaren zu knabbern. Die milden Gaben beim "Public Viewing" in der kühlen Nacht verfehlten ihre Wirkung nicht. Das Supermarkt-Parkdeck wurde zur Partymeile.

Die Tornescher guckten nicht nur und staunten, sondern nutzten die Gelegenheit zum Freiluft-Klönschnack eine Stunde nach Mitternacht. Ein Haufen junger Leute sorgte mit einer mobilen Disco-Anlage für den passenden Sound bei der Brücken-Fete und animierte Break-Dancer zu spontanen Auftritten unter dem Nachthimmel.

Zu diesem Zeitpunkt hatte das Team der Kranfirma und der Brückenkonstrukteure schon sein pünktlich um ein Uhr begonnenes Werk längst vollendet.