Sven S. leidet unter einer schweren “dissozialen Persönlichkeitsstörung“. Diese Diagnose stellte der Gutachter Professor Arno Deister am gestrigen sechsten Verhandlungstag vor dem Landgericht Itzehoe.

Bokholt-Hanredder/Itzehoe. Im Falle einer Verurteilung wegen Vergewaltigung empfahl der Psychiater für den 47-Jährigen die Verhängung von Sicherungsverwahrung.

Der zuletzt in Elmshorn wohnhafte Sven S. ist angeklagt, am frühen Morgen des 18. Juli 2009 im Bokholter Ortsteil Vossloch eine junge Frau (19) vom Fahrrad gezerrt, in ein Maisfeld geschleift und vergewaltigt zu haben. Im Verfahren hat der 47-Jährige, der bereits mehr als 20 Jahre wegen schwerer Straftaten im Gefängnis verbrachte, bisher geschwiegen. Er verweigerte auch eine Zusammenarbeit mit dem psychiatrischen Gutachter und ließ durch seine Anwälte mitteilen, nicht einmal im Gerichtssaal Fragen des Sachverständigen beantworten zu wollen.

Angaben machen will Sven S. zu seiner Person sowie zum Tattag. Diese Aussage haben seine Verteidiger bereits mehrfach angekündigt - und stets war der Angeklagte, wie auch gestern, "noch nicht vorbereitet", wie es Verteidigerin Bettina von Hindte nannte.

Aufgrund der Verweigerungshaltung des Angeklagten musste Deister auf die Gerichtsakten sowie auf vier Vorgutachten von Kollegen zurückgreifen, denen der heute 47-Jährige Rede und Antwort stand. Zuletzt war er 2006 untersucht worden. Damals hob das Landgericht Hamburg die bestehende Sicherungsverwahrung auf Bewährung auf, weil angeblich keine Rückfallgefahr mehr bestand.

1990 war der Elmshorner wegen diverser schwerer Straftaten, darunter gewaltsame sexuelle Übergriffe, Freiheitsberaubung und schwerer Raub, zur Höchststrafe von 15 Jahren und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Seine erste erhebliche Straftat hatte Sven S. 1978 begangen. "Die Intensität der Taten hat immer mehr zugenommen", so Professor Deister. Der Angeklagte habe aufgrund von Gewalterfahrungen in der Kindheit und dem ständigen Wechsel von Bezugspersonen nie gelernt, langfristige Beziehungen aufrecht zu erhalten. Deister: "Er zeichnet sich durch sein herzloses Unbeteiligtsein an den Gefühlen anderer aus." Auch die jahrelange intensive therapeutische Einflussnahme habe den bei Sven S. vorhandenen Hang zu Straftaten nicht heilen können.

Das Verfahren wird am 26. April fortgesetzt. Dann soll aufgrund eines Beweisantrages der Verteidigung ein Häftling aus Santa Fu aussagen. Nach Überzeugung der Verteidiger haben er sowie ein früheres Opfer von Sven S. ein Komplott geschmiedet, um den 47-Jährigen für immer hinter Gitter zu bringen. Sie sollen einen Vergewaltiger angeheuert und dieser dann zuvor entwendetes Sperma von Sven S. auf die Jacke des Opfers verspritzt haben. Zudem sei die Kamera von Sven S. aus seinem Haus gestohlen, damit das Opfer fotografiert und diese dann heimlich zurückgebracht worden. Staatsanwalt Knut Güniker nannte diese Version "abenteuerlich" und "an den Haaren herbeigezogen". Dennoch haben die Verteidiger bereits angekündigt, weitere Zeugen zu diesem alternativen Tathergang hören zu wollen.