Verklärter Blick

"Vorbildlich: Schule wird zum Lebensraum für den ganzen Tag", PZ vom 25. März

Halstenbek jubelt: Halstenbek erhält eine Gemeinschaftsschule. Sie soll nicht nur Schule sein, nein, sie soll "Lebensraum" sein. Mit verklärtem Blick harrt man der Verleihung der Medaille als "Referenzschule" des Netzwerkes "Ganztägig lernen", eine Alt-Initiative der linken Bildungsideologen aus Kiel. Ich möchte die Jubelarien nicht stören, doch ich meine, auch die reale Seite dieser Medaille sollte beleuchtet werden: Danach ist zunächst festzuhalten, dass hinter der "Schule als Lebensraum" das reformpädagogische Konzept eines Hartmut von Hentig oder eines Wolfgang Klafki steckt, wie es etwa an der Odenwaldschule gelebt wurde. Mittlerweile sind wesentliche Ansätze in unser staatliches Bildungssystem eingeflossen. Dieses pädagogische Reformkonzept ist Grundlage der Entschulung einer Gesellschaft und hat seinen Anfang gehabt in den Gesamtschulen. Diese sind bekanntlich gescheitert; sie feiern, davon unbeeindruckt, ihre Wiederauferstehung heuer als Gemeinschaftsschulen. Den Protagonisten dieser reformpädagogischen Heilslehre geht es weder um Vermittlung von Wissen noch um Anerziehung von Leistungsbereitschaft, es geht einzig um die Entfremdung der Kinder von ihrem ursprünglichen Erziehungsmittelpunkt - den Eltern und der Familie. Es geht um die gezielte Sozialisation der Kinder in einem nach außen abgeschotteten Raum, der nach Maßgabe sozialistischer Wertevorstellungen politisch aufgeladen ist. Jeder, der sich diesem Raum kritisch nähert, wird als kinderfeindlich diffamiert und reflexartig in die rechte Ecke gestellt. Die Eltern werden gelockt mit einer garantierten, immerwährenden Lernfreude, sprich Leistungsfreiheit, mit der praktisch jedes Kind das Abitur erreichen kann. Es gibt kein Sitzen bleiben, Zeugnisse sind unnötig. Jeder lernt selbstständig und ohne Leistungsdruck. Wer diesen Märchen sozialistischer Menschenfänger glaubt, wird böse erwachen. Wir Erwachsenen wissen, dass es keinen Erfolg ohne Wissen, Leistung und Anstrengung gibt, noch nicht einmal den Schulerfolg.

Christian Böhm per E-Mail

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