Bei manchen großformatigen Bildern kommt der Betrachter in Versuchung, mit dem Finger etwas von dem abbröckelnden Putz abzukratzen.

Pinneberg. Zwei andere zeigen jeweils einen Ausschnitt einer Wand mit chinesischen Schriftzeichen, auf die der Schatten eines Baumes fällt. Und man ist versucht, sich umzudrehen, um zu sehen, welcher Baum diesen Schatten wirft. Der Hamburger Aktionskünstler Herbert Schuldt (69) hat diese Bilder kreiert. Sie werden bis zum 16. Mai unter dem Titel "Time at Work - Werke aus China" in der Pinneberger Landdrostei gezeigt.

Eröffnet wird die Schau am morgigen Dienstag, 23. März, um 19 Uhr. Der langjährige Direktor der Hamburger Deichtorhallen, Zdenek Felix, wird in die Ausstellung einführen. "Dass ein so renommierter Mann nach Pinneberg kommt, haben wir Schuldt zu verdanken", sagt Stefan Dupke, Geschäftsführer der Stiftung Landdrostei. Für Musik sorgt Heinz Erich Goedecke auf dem Didgeridoo.

Und auch das lohnt einen Besuch: Der Künstler wird anwesend sein. Besucher, denen es gelingt, Schuldt in ein Gespräch zu verwickeln, werden einen Mann mit einem verschmitzten Humor und der Lust am unterhaltsamen Erzählen kennenlernen. Er selbst sagt über seine Arbeiten: "Ich fotografiere nur Sachen, die kein anderer fotografiert. Ich fotografiere nicht gern etwas Besonderes." Letzteres stimmt und stimmt auch wieder nicht. Richtig ist, dass seine Motive eigentlich nichts Besonderes sind. Doch durch die Auswahl des Bildausschnittes und die Größe der Arbeiten entsteht daraus etwas Spannendes.

"Schuldt ist ein Künstler, der sich erfolgreich gegen die Einordnung in Genres wehrt", sagt Dupke. Als Lyriker, Essayist, Hörspielautor, Aktions- und Performancekünstler habe er immer wieder das Kunstgeschehen beeinflusst. Als Friedensreich Hundertwasser 1959 an der Hamburger Hochschule für bildende Künste dozierte, zogen Schuldt und Hundertwasser gemeinsam mit Bazon Brock eine zehn Kilometer lange endlose Linie durch einen Hochschulraum - das löste einen Skandal aus. Aufmerksamkeit erregte Schuldt zudem mit seiner "Ausstellung von Nichts", bei der er in einer heruntergekommenen Villa nur leere Bilderrahmen und Leinwände zeigte.

Seit 2002 widmet sich Schuldt vornehmlich der Fotografie. Seine Werke, die international in renommierten Museen und Galerien gezeigt werden, nennt er schlicht "Bilder". Die in der Drostei gezeigten Werke entstammen den Zyklen "Walls of Time" und "Sichuan Portraits" und zeigen Schriftzeichen und Wandgemälde sowie Porträts von Schaufensterpuppen in der Schuldt-Ästhetik, die, obwohl in China aufgenommen, alle westliche Züge tragen.

Die Ausstellung kann bis zum 16. Mai mittwochs bis sonntags von 11 bis 17 Uhr in der Pinneberger Drostei, Dingstätte 23, besichtigt werden. Der Eintrittspreis beträgt drei, ermäßigt 1,50 Euro.