Jürgen Doppelstein von der Barlach-Gesellschaft: “Ich empfinde nur Traurigkeit.“ Gespräch mit dem Bürgermeister geplant.

Wedel. Wedels weltberühmter Sohn Ernst Barlach, Bildhauer, Zeichner und Schriftsteller, erblickte im Januar vor genau 140 Jahren das Licht der Welt - aber die große Geburtstagsfeier bleibt aus. "Ich sehe hier keine Partystimmung. Wenn ich an die Stadt Wedel denke, empfinde ich nur Traurigkeit."

Das sagt Jürgen Doppelstein, Vorsitzender der Ernst Barlach Gesellschaft. Ärger ist Ratlosigkeit gewichen - Konsequenz eines jahrelangen Konfliktes zwischen der Barlach Gesellschaft und der Kommune, deren Verhaltensweise von der politischen Mehrheit aus CDU und Grünen bestimmt wird. Die Unterstützung des international renommierten Kulturträgers ist auf ein vertragliches Minimum zurückgefahren. Die Stadt stellt lediglich das Barlach-Geburtshaus und einige Tausend Euro für Versicherungen zur Verfügung, während früher schon mal 40 000 Euro Zuschüsse für Ausstellungen gezahlt wurden. Der Rat hatte so beschlossen, weil die Barlach Gesellschaft die Anforderungen der Stadt zu einer Leistungsvereinbarung nicht habe erfüllen wollen.

"Natürlich sind wir für Leistungsvereinbarungen - doch das Geforderte war absolut unrealistisch", so Doppelstein. In einem Gespräch mit Bürgermeister Niels Schmidt will Doppelstein ausloten, inwieweit die Stadt noch Interesse an einer intensiveren Zusammenarbeit hat.

Für drei Sonder-Ausstellungen habe die Stadt 40 000 Euro zahlen wollen. "Rund 10 000 Euro muss man schon für Werbung, Plakate, Einladungen, Kommunikation veranschlagen - und zwar pro Ausstellung", so Doppelstein. Leihgebühren, Versicherungen, Personal, Organisation, Transporte, Technik und vieles mehr seien da noch nicht einmal berücksichtigt.

Weil Stadt und Gesellschaft da nicht zusammen kommen konnten, bleibt es eben derzeit bei der Barlach-Dauerausstellung, und der Stadt entgehen Tausende von zusätzlichen Besuchern. Allein die Ausstellung von Linda-McCartney-Fotos lockte rund 8000 Gäste in das Museum.

"Wir tauschen zwar die Werke im Museum durch, doch mehr wollen wir aus finanziellen Gründen nicht bieten", so Doppelstein. Die Musik spielt dann zwangsläufig woanders: in Göttingen, Hannover, Unna, Emden, Ratzeburg. Dort laufen jetzt die Sonderausstellungen, derzeit "Nachtstücke. Ernst Barlach als Dramatiker" im Theatermuseum Hannover. Auch die Verleihung des Barlach Preises, ein Ereignis mit überregionaler Ausstrahlung, geht auf Sicht an Wedel vorüber - und so die damit verbundene Aufmerksamkeit der Kunstszene.

Doppelstein ist froh darüber, dass sich die Barlach Gesellschaft frei von öffentlichen Zuschüssen gemacht hat. Wegen der Mittelverwendung war sie in die Kritik geraten - völlig zu Unrecht, wie der Vorstand jederzeit belegen könne, so Doppelstein. Er sagt: "Dadurch, dass wir keine öffentlichen Mittel in Anspruch nehmen, gewinnen wir auch Freiheit." Der Abrechungs- und Nachweisbürokratismus falle flach. "Und trotzdem kommen wir mit dem Geld aus, das wir mit unseren Aktivitäten erwirtschaften. Das vergangene Jahr haben wir mit einem deutlichen Plus abgeschlossen."

Das Vertrauen von Mäzenen sei konstant. Die Gesellschaft könne sich über Schenkungen und Dauerleihgaben freuen. Doppelstein: "Insgesamt sind wir nicht gezwungen, in wechselnde Wedel Ausstellungen zu veranstalten, zumal die uns oft Defizite beschert haben." Dass die Sparflamme ganz erlischt, weil die Barlach Gesellschaft sich vielleicht ihrem anderen Standort Ratzeburg komplett zuwendet und Kunstwerke dorthin verlagert, ist nicht zu befürchten. "Das Wedeler Geburtshaus ist ein zentraler Teil unserer Identität. So etwas gibt man nicht auf."