Familie Schuldt pachtete 1909 die Mühle von Prinz Schoenaich-Carolath-Schilden. Am Deich an der Hauptstraße wird bis heute gemahlen und geschrotet. Früher belieferte der Betrieb Bäckereien sowie Schweine- und Rinderhalter.

Haseldorf. Heute gehören Pferdezüchter sowie Liebhaber von Tauben und anderen Kleintieren zu den Kunden. Hans-Joachim Schuldt hat früh Verantwortung übernommen. 20 Jahre alt war er, als sein Vater schwer erkrankte, und er den Betrieb übernehmen musste. Er hat es geschafft, weil ihm Mutter, Frau und viele andere zur Seite standen. Mit Glück und Geschick führt er seitdem den Betrieb, jetzt mit der nächsten Generation an seiner Seite: seinem Sohn Andreas und seinen zwei Töchtern Alexandra und Kerstin.

57 Jahre ist Hans-Joachim Schuldt schon der Chef der Deichmühle in Haseldorf. Damit gehört er zu den letzten selbstständigen Müllern in Europa. Eine große Mühle, wie sich die meisten Menschen das vorstellen, benötigt er nicht mehr. Die steht seit 1942 ohne Flügel auf dem Grundstück nebenan. Gemahlen beziehungsweise geschrotet wird im alten Speicher mit Anlagen, die ebenfalls mehr als 50 Jahre auf dem Buckel haben, "und lebenslang halten".

Schuldt hat es geschafft, mitzuhalten, die Nischen auf dem immer größeren Markt zu besetzen. Besonders wichtig: In den 70er-Jahren stellte er den Bedarf auf Kleintierfutter um. Vorher waren es in erster Linie Schweinezüchter und Rinderhalter, die das Gerstenschrot des Müllers für die Ernährung ihrer Tiere mahlen und mischen ließen. Außerdem erkannte Hans-Joachim Schuldt die wachsende Bedeutung des Reitsports: Deshalb gründete er zwei Fachgeschäfte, 1994 in Uetersen und 1998 in Schenefeld.

Großvater Jochim hatte das Lebenswerk für die Familie aufgebaut. Der gelernte Landwirt pachtete 1909 vom Prinzen Schoenaich-Carolath-Schilden sowohl die Deichmühle als auch die Feldmühle, die in der Nähe des heutigen Seniorenheims lag.

Beide Mühlenstandorte sind um die 500 Jahre alt. Beide Mühlen waren 1845 durch Blitzschlag in der Karfreitagnacht niedergebrannt. "Das war Gottesgericht", erzählten damals die Einwohner des Dorfes, denn der Müller hatte am Feiertag gearbeitet - vorher lag die Arbeit wegen Windstille wochenlang brach.

Allein auf den Wind hatte sich Jochim Schuldt nur bis 1928 verlassen. Mit Strom und Dampfmaschine wurden die Mühlsteine bewegt. Nach dem Zweiten Weltkrieg investierte der junge Hans-Joachim Schuldt viel in moderne Anlagen und Fahrzeuge. 1959 kaufte er eine Hammermühle. Sie schaffte drei Tonnen pro Stunde.

"Viele Landwirte hatten damals Bedenken, ob die neumodische Maschine nicht viel zu stark mahlt", erinnert sich der heutige Senior des Betriebs. Doch das ließ sich alles sauber einstellen. Die neue Anlage überzeugte die Kritiker. Und Hans-Joachim Schuldt kaufte 1961 dem Gutsherrn den Mühlenbetrieb ab. Bis dahin wurde die Pacht zweimal pro Jahr in bar gezahlt. "Der Gutsherr war immer fair", erzählt der Müller.

Das Mahlwerk läuft weiter im ursprünglichen Speicher der Mühle. Und das soll auch noch viele Jahre so bleiben. Währenddessen geht der Senior gern am Deich spazieren. Er freut sich auf das Frühjahr, wenn die gelben Tulpen dort wieder blühen: Diese Samen kamen einst mit der Gerste aus der Ukraine, die mit dem Schiff in Haseldorf angelandet wurde. "Das waren schöne, aber auch anstrengende Zeiten", erinnert sich der Senior. Bis zu 100 Kilo schwere Säcke mussten damals geschleppt werden. Heute wird maximal bis 50 Kilogramm verpackt, in Plastiksäcken oder Papiertüten. Die großen Jutesäcke waren in den 60er-Jahren verboten worden, um die Ausbreitung der Maul- und Klauenseuche zu stoppen. Doch immer noch gilt, wer ein guter Müller sein will, muss kräftig gebaut sein - für Müller-Junior kein Problem. Die kräftigen Schultern hat er vom Vater geerbt und größer geworden ist er obendrein.