Verkehrsexperten raten, die Rotphasen zu verkürzen, weil sonst der Druck wächst, auf eigene Faust loszumarschieren.

Kreis Pinneberg. Fußgänger sind im Straßenverkehr die Gelackmeierten. Nicht nur, dass sie deutlich langsamer als die Benutzer von Autos, Motorrädern und Fahrrädern unterwegs sind. Den "Fußläufigen" werden zudem noch häufig die längsten Wartezeiten zugemutet, wenn es gilt, einen stark befahrenen Verkehrsknotenpunkt zu überqueren. Ein krasses Beispiel dafür ist in Rellingen die Kreuzung Hauptstraße/Hamburger Straße/Poststraße. Doch auch anderenorts führen lange Rotphasen für die schwächsten Verkehrsteilnehmer oft zu Verdruss.

In einem zeitaufwendigen Selbstversuch der Pinneberger Zeitung vergingen an der Rellinger Geduldsampel sage und schreibe zwei Minuten und fünf Sekunden bis zur nächsten Grünphase. Das per Druckknopf anzufordernde Grünsignal ließ schon manchen Passanten verzweifeln. Je nach Temperament und Eilbedürfnis können die gemessenen 125 Sekunden zu einer nervenaufreibenden Zeitstrafe werden, die völlig ohne Grund den nicht motorisierten Verkehrsteilnehmern verpasst wird.

Darüber ärgert sich auch Hildegard Fiedler. Die Rellinger Rentnerin hat festgestellt, dass manchmal sogar zwei Ampelphasen für den Fahrzeugverkehr freigegeben werden, ohne dass zuvor grünes Licht für Fußgänger spendiert wurde. Elke Gutjahr hat sich schon fast mit der langen Warterei angefunden. Doch sie hält die Grünphasen, wenn sie dann endlich kommen, auch noch für viel zu kurz: "Das reicht kaum, um die Fahrbahn zu überqueren."

Prekär wird die Situation spätestens dann, wenn die zwangsgebremsten Fußgänger unter Missachtung von Verkehrsregeln und Gesundheit die Fahrbahn kreuzen, obwohl das rote Männchen noch immer "Stehen bleiben" signalisiert. Wenn dann auch noch Minderjährige zugegen sind, geht mit dem schlechten Beispiel gleich noch die Vorbildfunktion flöten.

Hier setzt auch die Kritik von Verkehrsexperten ein. "Wenn die Grünphase zu lange auf sich warten lässt, besteht die Gefahr, dass die Fußgänger bei Rot über die Straße gehen", bestätigt Michael Zisack, Leiter des Fachdienstes Straßenbau und Verkehrssicherheit in der Kreisverwaltung. Oft werde von den Passanten angenommen, die Ampelanlage sei defekt, so dass sie dann auf eigene Fauste versuchten, sich durch den rollenden Verkehr zu schlängeln.

Einen generellen Vorrang des Fahrzeugverkehrs gegenüber Fußgängern gibt es nach Kenntnis des Fachdienstleiters nicht. Allerdings sei auch keine Bevorzugung von Fußgängern vorgesehen.

Warum eigentlich nicht? Wie man auf der politischen Schiene in dieser Hinsicht etwas bewegen kann, wird gerade in Hamburg ausprobiert. Dort hat der schwarz-grüne Senat eine Initiative gestartet, um Ampeln mit zu langen Wartezeiten für Fußgänger und Radfahrer zu überprüfen und bei Bedarf umzuschalten. Dabei geht es in Hamburg um Wartezeiten von 80 bis 90 Sekunden. Nicht um satte 125 Sekunden wie im grünen, politisch jedoch mehrheitlich schwarzen Rellingen.

Renate Lange, Fraktionschefin der Grünen im Gemeinderat, nervt das Warten an der roten Ampel auch. Eine Verkürzung hält Lange einerseits für gut. Doch würden dann die Fahrzeugstaus im Ortskern wohl noch länger werden, Deshalb sollte lieber an einer Gesamtlösung zur Reduzierung des Durchgangsverkehr gearbeitet werden.