Wirtschaftsförderer sieht dennoch Chancen und will mit Super-Internet neue Firmen anlocken - Stadtwerke müssten investieren.

Pinneberg. Jetzt ist es amtlich: Die Stadt Pinneberg ist mehr als pleite. Bürgermeisterin Kristin Alheit hat Politikern und Bürgern ein Finanzszenario vorgelegt, das Angst und Bange macht. Bis 2013 werden nach derzeitiger Lage die Gesamtschulden von zurzeit 70 Millionen Euro auf 126 Millionen Euro steigen. "Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Stadt aktuell ihre Kassenkredite mit 0,8 Prozent pro Jahr verzinst. Bei den zu erwartenden Zinssteigerungen in den kommenden Jahren tickt hier eine echte Zinsbombe", sagt Kai Perner, Leiter der Finanzbuchhaltung.

Für das Jahr 2010 sieht der Haushaltsentwurf der Bürgermeisterin bereits ein strukturelles Defizit von zehn Millionen Euro gegenüber dem Vorjahr vor. "Diese Steigerung ist fast ausschließlich auf die Konjunkturkrise zurückzuführen", erläutert Perner. Die Erträge aus der Gewerbesteuer verringern sich demnach um vier Millionen Euro, der Gemeindeanteil an der Einkommensteuer reduziert sich um mehr als drei Millionen Euro, die Kreisumlage steigt voraussichtlich um rund 700 000 Euro. Zum Jahresfehlbetrag führten zudem geringere Gewinnabführungen der städtischen Beteiligungen und erhöhte Zinsaufwendungen für Kredite.

Investiert werden muss dennoch: 6,5 Millionen Euro will Alheit gemäß Finanzplan ausgeben - für von Bund und Land geförderte Maßnahmen aus dem Konjunkturpaket II sowie für die Sanierungen von Schulen und Kindergärten, dort insbesondere in Brandschutzmaßnahmen.

Von Schuldenabbau kann also keine Rede mehr sein. Um den Schuldenanstieg in den Griff zu kriegen, will Alheit die städtischen Ausgaben kürzen. So soll auf die dringend notwendige Sanierung der Lehrschwimmbecken zunächst verzichtet werden. Für die Erneuerung der maroden technischen Anlagen wären eine Million Euro notwendig. Die Gehälter der Verwaltungsmitarbeiter will Alheit trotz anstehender Tariferhöhungen nächstes Jahr einfrieren. Die freiwilligen Leistungen werden nicht angetastet. "Damit würden wir jedes ehrenamtliche Engagement in der Stadt ersticken. Das können wir uns erst recht nicht leisten."

Für Sparvorschläge aus Politik und Verwaltung ist Bürgermeisterin Kristin Alheit sehr dankbar. In den Fraktionen muss die Schreckensnachrichtnachricht erst einmal verdaut werden. "Eine Katastrophe", so CDU-Fraktionschef Michael Lorenz. Jetzt werde überlegt, wo der Rotstift noch angesetzt werden könne. "Wir stecken in einer unverschuldet schwierigen Situation", sagt Pinnebergs SPD-Chef Herbert Hoffmann. "Da müssen wir ganz nüchtern rangehen." Die zwei Millionen Euro für die Westumgehung würden wohl aus dem Etat fliegen, mutmaßt Uwe Lange. Der Fraktionschef der Bürgernahen macht einen Sparvorschlag: "Die Volkshochschule könnte nach dem Halstenbeker Vorbild ausgelagert werden, ebenso die Musikschule." Der große Wurf wäre das natürlich nicht. Lange: "Es ist wie es ist: Pinneberg hängt am Tropf."

Pinnebergs Wirtschaftsförderer Stefan Krappa sieht für Pinneberg nicht ganz so schwarz und sogar Chancen, die Steuereinnahmen zu erhöhen. Es gebe zwei attraktive wie arbeitsplatzintensive Kaufinteressenten für die beiden freien Grundstücke im Gewerbegebiet Am Hafen. Auch sei die Nachfrage nach Büroflächen in der Innenstadt relativ stark. "Pinneberg ist wegen der Nähe zur Autobahn und der guten ÖPNV-Anbindung attraktiver Standort für Dienstleister", sagt Krappa. Leider seien Büroflächen in der Kreisstadt sehr dünn gesät, die müssten mit Investoren entwickelt werden.

Krappa sieht auch vor dem Hintergrund einer Partnerschaft mit China gute Chancen, internationale Firmen anzusiedeln. Der Wirtschaftsförderer: "Eine Voraussetzung ist die Versorgung Pinnebergs mit einem Breitband-Hochgeschwindigkeits-Telekommunikationsnetz für den superschnellen Internetanschluss. Da sind die Stadtwerke gefragt." Wolle man Pinneberg zukunftsfähig machen, stehe diese Entscheidung jetzt dringend an. Der Problemhaushalt 2010 wird am 17. November im Ausschuss für Wirtschaft und Finanzen diskutiert.